Jahresrückblick 2024

Donald Trump wurde als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wiedergewählt, damit steht auch wieder der Rückzug der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen im Raum. Es ist kein Ende der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten absehbar und die Artenschutzkonferenz in Kolumbien ist gescheitert. Auch aus der Europäischen Union gab es kaum Positives zu vermelden: Die Ergebnisse der Europawahl lassen für den Naturschutz wenig Gutes erwarten. 2024 war kein gutes Jahr für die Weltgemeinschaft und optimistisch in die Zukunft zu schauen, fällt nicht leicht...

Vielleicht hilft der Blick zurück auf die kleinen Wunder, schönen Momente und guten Nachrichten, die es nichtsdestotrotz auch in 2024 gegeben hat und die uns zeigen, dass wir dank Ihrer Unterstützung doch einiges für den Erhalt von Europas Naturerbe erreichen können. Blicken Sie gemeinsam mit uns auf das vergangene Jahr zurück.

Verspätetes Weihnachtswunder

Eine Bärin in einer Schlingfalle liegt verängstigt am Boden.

Mehrere Tage lang war Maja in der Schlingfalle gefangen. Ihr Überleben grenzte an ein kleines Wunder.

© PPNEA

Als wir 2024 nach der Rückkehr von unseren Weihnachtsurlauben zurückkehrten, empfing uns noch aus dem alten Jahr eine traurige Nachricht mit glücklichem Ende: Ein Braunbärweibchen war in Albanien in eine Schlingfalle geraten. Dank des schnellen Rettungseinsatzes unserer albanischen Partner von PPNEA und dem griechischen Bäreninterventionsteam konnte die Bärin gerettet und besendert werden. Maja, so wurde das Bärenweibchen getauft, hatte sich von dem Schrecken rasch erholt und lieferte zehn Monate lang wertvolle Daten über das Territorialverhalten von Braunbären, bis im Oktober per Fernwartung ihr Peilsender abgeworfen wurde. Was der Fall überdies gezeigt hat: Die Bäreninterventionsteams machen sich bezahlt; wir arbeiten mit unseren Partnern weiter daran, diese auch in anderen Ländern der Region zu etablieren.


Besserer Schutz für Europas Luchse

Erfreuliches von der Seidenstraße: Im Februar tagte in Samarkand die Konferenz zum Schutz wandernder Tierarten (kurz CMS). Dort wurden der Europäische Luchs und dessen Unterart, der Balkanluchs, in die CMS-Liste aufgenommen. Damit verpflichten sich die Regierungen der Länder, bestmögliche Bedingungen für den Erhalt der Luchspopulationen zu schaffen. In den Dinariden wurde bereits zuvor viel für die Rückkehr der Luchse getan. Im Rahmen des „LIFE Lynx“-Projekts wurde die kleine Dinariden-Population mit Luchsen aus den Karpaten aufgefüllt. Im Frühjahr 2024 lief das äußerst erfolgreiche Projekt aus. 

Lesen Sie mehr zum Wiederansiedlungs-Projekt in unserem Journal!


Helgoland Ahoi!

Seehunde auf Helgoland

Entspanntes Relaxen am Strand: Im Winterhalbjahr gehört die Helgoländer Düne vor allem Seehunden und Kegelrobben.

© Lisa Leschinski

Wenn die Robbenschützer vom Balkan und EuroNatur beim alljährlichen Partnertreffen zusammenkommen, ist eines der Highlights immer die Exkursion in Robbengebiete. Und wenn dieses Treffen in Deutschland stattfindet, lassen sich Robben mit größter Wahrscheinlichkeit auf der Helgoländer Düne beobachten. Wie die Robbenschützerinnen vom Balkan mit der kabbeligen See und der steifen norddeutschen Brise zurechtkamen, und wie sie die Sichtung der Robben berührte, können Sie in unserer Reportage von Helgoland nachlesen.


Ernüchterung aus Albanien

naturbelassener Strandabschnitt in Albanien

Naturbelassene Idylle an Albaniens Küste: Jared Kushner will genau hier bauen.

© Anika Konsek

Nur ein Jahr zuvor, im März 2023, war die Freude groß, als endlich der Vjosa-Nationalpark ausgerufen wurde. Doch auf die Begeisterung folgte rasch die Katerstimmung: Die albanische Regierung trieb den Bau des Vlora-Flughafens im vergangenen Jahr weiter voran und grub der Shushica, einem wichtigen Nebenfluss der Vjosa, das Wasser ab, um die boomenden Touristenorte an der Adria mit frischem Wasser zu versorgen. Zudem wurde im März 2024 bekannt, dass Donald Trumps Schwiegersohn Jared Kushner mehrere Luxusbauprojekte an Albaniens letzten unverbauten Küstenabschnitten plant. Ist Albaniens Natur noch zu retten?

Hier lesen Sie eine Einschätzung.


Artenvielfalt im Livanjsko Polje

Der Frühsommer ist vermutlich die schönste Zeit, das Livanjsko Polje zu erkunden und zu erleben: Teppiche aus Bergbohnenkraut, vom Blütenstaub gelb gefärbte Hosen, ein unglaubliches Vogelkonzert von früh morgens bis tief in die Nacht. Die Karstpoljen in Bosnien-Herzegowina sind Natur- und Kulturlandschaften von internationaler Bedeutung. Wir wollen ihre Vielfalt erhalten und unterstützen deshalb lokale Landwirte bei ihrer Arbeit. Anfang Juni haben wir sie besucht.

Schauen Sie sich ein Video mit EuroNatur-Projektleiterin Sandra Wigger aus dem Livanjsko Polje an und lesen Sie die Reportage

Sandra blickt auf die weite Ebene des Livanjsko Polje.
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© Katharina Grund

Rechtsruck in Europa

Ernüchterung dominierte am Wahlabend des 9. Juni: Bei den Europawahlen haben vor allem Parteien, die sich für Klima, Biodiversität und eine ökologische Transformation einsetzen, deutliche Verluste hinnehmen müssen, während Rechtsextreme Sitze hinzugewonnen haben. Für den Naturschutz in Europa war dies keine gute Nachricht. Welche Folgen die Wahl langfristig haben wird, ist wohl erst im kommenden Jahr wirklich abzusehen.

Klimakrise und Artensterben gefährden unsere Lebensgrundlagen, das haben auch die diesjährigen klimabedingten Überschwemmungen in vielen Teilen Europas gezeigt. Wer wider besseren Wissens zu wenig für den Biodiversitäts- und Klimaschutz tut, setzt mutwillig unsere Zukunft und Sicherheit aufs Spiel.

Portrait Gabriel Schwaderer
Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer EuroNatur

Wissenschaftswoche am Sarantaporos

Vom 28. Juni bis 5. Juli haben mehr als 60 Wissenschaftlerinnen und Flussforscher aus neun Ländern das verborgene Leben des Sarantaporos erforscht. Der Sarantaporos ist ein wichtiger Nebenfluss des grenzüberschreitenden Aoos/Vjosa-Flusseinzugsgebiets in Griechenland und Albanien. In der griechischen Gemeinde Konitsa untersuchten die Forscherinnen und Wissenschaftler mehr als 50 Flusskilometer nach Tierarten aller Klassen. Zudem erforschten sie physikalische, chemische und hydromorphologische Merkmale des Flusses. Schon die ersten Untersuchungen vor Ort haben unsere Forderung nach einem strengeren Schutz des Sarantaporos untermauert.

Eindrücke von der Science Week gewinnen Sie in diesem tollen Video


Naturschätze Europas

Frostige Rentiergeweihe mitten im Sommer? Die kühle Atmosphäre des hochästhetischen Fotos von Felipe Menzella hat die Jury des EuroNatur-Fotowettbewerbs „Naturschätze Europas“ auch im heißen Sommer nicht davon abgehalten (oder vielleicht gerade deshalb dazu bewogen), ein Bild aus dem hohen Norden Europas zum Sieger des diesjährigen Fotowettbewerbs zu küren. Dass die Konkurrenz groß war, beweisen weitere fantastische Aufnahmen von kämpfenden Staren, athletischen Bartmeisen und verdutzt dreinblickenden Zieseln. Hier sehen Sie alle zwölf Siegerbilder:


Dramatische Wochen an der Una

Baustelle für das Kleinwasserkraftwerk an der Una

Der Bau des Kraftwerks begann im Juli 2024, obwohl das Gebiet national und international unter Naturschutz steht.

© Ray Demski

Ganz Europa macht Ferien! Ganz Europa? Nein, ein windiger kroatischer Geschäftemacher nutzt die Sommerpause und beginnt, so heimlich es geht, mit dem Bau eines Kleinwasserkraftwerks nahe der Una-Quelle. Die Una ist berühmt für ihre wunderschönen Kaskaden und die große Artenvielfalt unter Wasser. Die Folgen des Kraftwerkbaus für den Fluss wären desaströs. Doch die Menschen der lokalen Gemeinden leisten Widerstand gegen das Projekt, unterstützt von Flussschützern aus ganz Europa. Mit Erfolg: Der Bau wurde gerichtlich gestoppt!


Wolfsschutz in Europa geschwächt

Düstere Aussichten für Europas Wölfe: Eine Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten hat Ende September dem Vorschlag der Europäischen Kommission zugestimmt, den Schutzstatus des Wolfes im Rahmen der Berner Konvention herabzustufen. Diese Änderung öffnet dem Abschuss von Wölfen Tür und Tor – und stellt lediglich eine Scheinlösung für Wolfsrisse an Nutztieren dar.

Die Entscheidung der EU wird nicht nur die nach wie vor fragilen Wolfspopulationen in weiten Teilen Europas destabilisieren, sondern auch die bedeutenden Fortschritte auf dem Weg zu einer konfliktarmen Koexistenz von Mensch und Wolf untergraben. Nur effizienter Herdenschutz kann Nutztierrissen vorbeugen. Stattdessen legt die EU den Schwerpunkt auf symbolträchtige, aber ineffiziente Abschüsse.

Portrait Antje Henkelmann
Antje Henkelmann, EuroNatur-Projektleiterin Wolf & Bär

EuroNatur-Preis als Signal für naturverträgliche Landwirtschaft

EuroNatur-Preisträgerin 2024

Dr. Anita Idel, EuroNatur-Preisträgerin 2024

© Gerald Jarausch

Methanausstoß ist schlecht fürs Klima und somit ist die Kuh, bei deren Verdauungsprozess reichlich Methan entsteht, Gift fürs Klima. Dass die Rechnung nicht ganz so einfach ist, hat Dr. Anita Idel in ihrem erfolgreichen Sachbuch „Die Kuh ist kein Klima-Killer!“ schlüssig dargelegt. Überhaupt spielt die Bedeutung von Grasland und einer damit einhergehenden nachhaltigen und tierwohlgerechten Form der Landwirtschaft die zentrale Rolle in Dr. Anita Idels mehr als 40-jährigem Wirken. Für dieses wurde die Tierärztin, Agrarexpertin und Buchautorin am 10. Oktober mit dem EuroNatur-Preis 2024 ausgezeichnet.

Impressionen von der Preisverleihung


Westbalkan im Rampenlicht

Zum Ende des Jahres stand noch einmal unsere naturschutzpolitische Arbeit im Fokus. Beim Beitrittsprozess der Westbalkanstaaten zur Europäischen Union spielt EuroNatur eine wichtige Rolle. Wir prüfen kritisch, wie sich die Regierungen der sechs Länder für den Schutz der Umwelt und der Biodiversität in dieser Region einsetzen und machen die EU darauf aufmerksam, wo es Nachholholbedarf gibt. Zunächst haben wir Ende Oktober den EU-Erweiterungsbericht zum Anlass genommen, um bestehende Mängel aufzuzeigen. Am 21. November präsentierte dann unser EU Policy Officer Viktor Berishaj auf Einladung des EU-Parlamentariers Thomas Waitz (Grüne) unseren eigenen Biodiversitätsreport zum Westbalkan im EU-Parlament. Neben der Nennung von Defiziten in ausgewählten Gebieten der Region benennen wir in dem Report auch, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um Tiere und Landschaften effektiv zu schützen. 

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