Steckbrief Weißstorch (Ciconia ciconia)

Three White Storks
© Alper Tüydeş

Wo leben Störche?

Wo Störche in Europa leben, Storchendörfer

Verbreitungsgebiet des Weißstorchs in Europa: In 15 Ländern haben wir bereits Dörfer oder Gemeinden ausgewiesen, die sich vorbildlich für den Schutz dieser charismatischen Großvögel einsetzen.

Kaum ein Vogel in Europa ist so bekannt wie der Weißstorch. Im Gegensatz zu seinem heimlich lebenden Verwandten, dem Schwarzstorch, sind Weißstörche Kulturfolger. Sie suchen die Nähe des Menschen; sei es beim Brüten (auf Dächern oder Strommasten) oder bei der Nahrungssuche (auf frisch gemähten Wiesen hinter Traktoren). Trotz seiner Popularität ist der Weißstorch bei weitem nicht mehr so verbreitet wie früher. Große Populationen gibt es vor allem noch in Spanien und in Polen sowie im Baltikum.

Störche brauchen zum Leben offene Landschaften wie Flussniederungen, extensiv genutzte Wiesen und Weiden oder Kulturlandschaften mit nahrungsreichen Kleingewässern. Durch eine verfehlte Agrarpolitik werden diese Lebensräume aber immer seltener.

  • Ein Netzwerk für die Störche

    Gruppenbild der Teilnehmer der Storchendorf-Konferenz in Poros vor einem Haus.

    Teilnehmende der Storchendorfkonferenz in Poros, Griechenland

    © EuroNatur

    Mit der Initiative „Europäische Storchendörfer“ setzt EuroNatur einen Gegenpol zum steigenden Lebensraumverlust für Störche in Europa. Seit 1994 zeichnet die Stiftung ein Europäisches Storchendorf pro Land aus; aktuell gibt es 15 ausgezeichnete Adebar-Kommunen. Zu den Kandidaten gehören Dörfer oder Gemeinden, in denen die Störche in Kolonien leben und die sich besonders für den Storchenschutz engagieren, zum Beispiel indem sie weitläufige Feuchtwiesen extensiv bewirtschaften. Die Ortschaften werden durch die Auszeichnung als besonderes Kultur- und Naturerbe international bekannt. Dadurch stärken wir erfolgreiche Ansätze im Storchenschutz.

Merkmale von Störchen

Fliegender Weißstorch

Hals und Beine sind im Flug lang ausgestreckt: Wir haben es hier eindeutig mit einem Storch zu tun.

© Bruno Dittrich

Der Weißstorch ist einer der größten Vögel Europas. Im Stehen misst er etwa 95 bis 110 Zentimeter. Seine Spannweite beträgt 183 bis 217 Zentimeter. Leicht zu erkennen ist der Weißstorch am weißen Gefieder, den schwarzen Schwingen und Schulterfedern sowie seinem langen, roten Schnabel (14-19 Zentimeter) und den roten Beinen. Bei der Nahrungssuche schreitet Meister Adebar, wie der Storch in Märchen und Fabeln genannt wird, gemächlich mit geradem und schwach nach vorne gerichtetem Hals über Wiesen und Weiden. Sein Flug ist langsam und die Flügelschläge gleichmäßig. Im Gegensatz zu Reihern halten Störche sowohl Hals als auch Beine im Flug lang ausgestreckt. Als „Segelflieger“ nutzen sie die Thermik und steigen mit unbewegten Flügeln hoch in den Himmel. Von beringten Störchen weiß man, dass sie bis zu 39 Jahre alt werden können.

Video von Weißstörchen in Deutschland (mit engl. UT)

Startbildschirm vom Weißstorch Video
Durch Anklicken des Vorschaubildes wird ein Video von einer externen Quelle eingebunden. Dadurch wird Ihre IP-Adresse an den externen Server übertragen. Weitere Details finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Was fressen Störche?

Adulter Storch würgt Plastik für die Jungen hoch

Plastik wird auch für Störche immer mehr zum Problem. Die Altvögel halten die Abfälle für Beute und tragen sie zum Füttern in die Nester ein. Für die Jungvögel wirkt sich die Fütterung mit Plastik fatal aus.

© Lorenz Heer

Weißstörche sind alles andere als wählerisch. Ihre bevorzugte Nahrung sind Kleinsäuger, Frösche und große Insekten, wie etwa Heuschrecken. Sie fressen aber auch Reptilien, Fische und gelegentlich Eier und Küken von bodenbrütenden Vögeln. An ihre Jungen verfüttern die Storcheneltern in den ersten Wochen nach der Geburt zumeist Regenwürmer und Insektenlarven.

Gefährlich in diesem Zusammenhang ist Plastik in der Umwelt. Weißstörche können nicht zwischen Regenwürmern und “Gummiwürmern” unterscheiden. Die Altvögel tragen das vermeintliche Futter zum Horst und würgen den Nahrungsbrei für die Jungen wieder hoch. Das Fatale: Die Jungen verhungern mit vollem Magen. Zudem ist das Plastik gefährlich, weil es zu Darmverschlüssen und inneren Verletzungen führen kann.

Für die Nahrungssuche haben Störche verschiedene Jagdtechniken entwickelt: Insekten und Würmer ergreifen sie während des Schreitens mit nach unten gerichtetem Kopf und Schnabel. Bei der Mäusejagd verharren die stattlichen Schreitvögel regungslos und schlagen dann blitzschnell zu.

Fortpflanzung und Sozialverhalten von Störchen

Weißstörche bei der Paarung

Weißstörche bei der Paarung

© Bruno Dittrich

Je nach Brutgebiet kehren mitteleuropäische Weißstörche Ende Februar bis Anfang April zu ihren vorjährigen Nistrevieren zurück. Die Männchen treffen meist einige Tage vor den Weibchen ein, um die besten Reviere zu besetzen. Zur Begrüßung des am Nest eintreffenden Partners erfolgt ein lautes rhythmisches Klappern mit dem Schnabel; deshalb wird der Storch auch 'Klapperstorch' genannt. Das Nest, auch Horst genannt, wird von Männchen und Weibchen gemeinsam gebaut, bzw. ausgebessert. Dabei können die Horste riesige Ausmaße annehmen: Es wurden schon Nester mit bis zu zwei Meter Durchmesser und drei Meter Höhe beobachtet!

Nach der Paarung legen die Weibchen in der Regel drei bis fünf Eier. Männchen und Weibchen wechseln sich bei der Brut ab. Während des ersten Lebensmonats werden die Jungen ständig von einem Altvogel bewacht. Nach etwa zwei Monaten werden die Nesthocker flügge, werden aber noch weitere zwei bis drei Wochen von den Eltern mit Nahrung versorgt. Mit rund zweieinhalb Monaten sind die jungen Störche selbständig. Die Geschlechtsreife tritt mit etwa drei bis fünf Jahren ein. Erst dann kehren die Jungtiere wieder in die Nistgebiete zurück. In der Zwischenzeit leben sie in den Überwinterungsgebieten.

Sind Störche gefährdet?

Ein Bauer pfügt mit dem Traktor sein Feld. Störche suchen in der frisch umgebrochenen Erde nach Nahrung.

Störche, die hinter Traktoren herlaufen, sind ein vertrauter Anblick. Die Umwandlung von extensiv genutztem Feuchtgrünland in Äcker ist jedoch eine negative Entwicklung für Weißstörche.

© Alper Tüydeş
Toter Storch Stromleitung Marokko

Strangulierter Weißstorch an einer ungesicherten Stromleitung: Durch die Sicherung bestehender Trassen und die Verlegung zukünftiger Stromleitungen unter die Erde kann hier Abhilfe geschaffen werden.

© Matthias Putze

Es ist vor allem der Lebensraumverlust, der den Weißstorch bedroht. Die Trockenlegung von Feuchtwiesen raubt den Störchen ihre Nahrungsgrundlage. In den Staaten Mittelosteuropas bedeutet besonders die im Zuge des EU-Beitritts stattfindende Intensivierung der Landwirtschaft eine große Gefahr für die Störche.

Nach dramatischen Bestandseinbrüchen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben sich in einigen Regionen Europas die Bestände jedoch wieder erholt, so etwa in Deutschland und Frankreich. Hauptgrund hierfür dürfte das verbesserte Nahrungsangebot in Spanien sein, wo in den letzten Jahren immer mehr Störche überwintern. Zuletzt haben sogar wieder in Großbritannien nach jahrhundertelanger Abwesenheit Weißstörche erfolgreich gebrütet.

Neben dem Lebensraumverlust und den Folgen der Klimakrise sind es vor allem Stromleitungen, die durch Stromschlag oder Kollision zur tödlichen Gefahr für Störche (und andere Großvögel) werden. Zudem sind Störche als Langstreckenzieher vielen Gefahren auf ihrem Zugweg ausgesetzt. Insbesondere Exemplare aus der osteuropäischen Population, die über den Bosporus und den Nahen Osten nach Afrika fliegen, fallen in großer Zahl Wilderern zum Opfer.

In der Europäischen Vogelschutzrichtlinie ist der Weißstorch in Anhang I aufgeführt. Dort finden sich die besonders gefährdeten und schutzwürdigen Arten. Langfristig kann die Erhaltung des Weißstorchs und seiner Lebensräume nur durch eine Änderung der Landwirtschaftspolitik, etwa durch die Renaturierung von Feuchtwiesen, erreicht werden.

Mitmachen und dabei sein - werden Sie aktiv
Spende

Jeder Euro für die Natur zählt! Mit Ihrer Spende leisten Sie einen wirkungsvollen Beitrag zum Schutz von Europas Zugvögeln. Bitte nutzen Sie Ihre Möglichkeiten, um zu helfen.

Zugvogelpatenschaft

Der Vogelzug ist ein unvergleichliches Naturspektakel. Doch illegale Jagd und die Zerstörung von Rastgebieten gefährden die Vögel. Helfen Sie, ihre Reise sicherer zu machen.

Aktuelles