Biodiversität: Westbalkan im Rampenlicht

++ Bericht deckt Defizite in den Biodiversitäts-Hotspots der Westbalkanstaaten auf ++ EU-Beitrittskandidaten fallen bei Umsetzung der EU-Naturschutzrichtlinien zurück ++

Ein Schwarm Flamingos fliegt vor der Kulisse der Narta Lagune.

Flamingos in der Narta-Lagune: Die Fertigstellung und Inbetriebnahme des geplanten Vlora-Flughafens würde dieses Naturparadies in Albanien unwiederbringlich zerstören

© PPNEA
überflutetes Karst Polje mit Schafen

Das Livanjsko Polje, ein riesiges Karstfeld in Bosnien-Herzegowina, steht unter großem Nutzungsdruck. Extensive Beweidung ist allerdings ideal für das Gebiet.

© Anto Perkovic

Radolfzell, Brüssel, 21. November 2024 – Nach den globalen Debatten auf der Weltbiodiversitätskonferenz COP16 beleuchtet EuroNatur in einem neuen Bericht die Herausforderungen für die Bewahrung der Artenvielfalt in den Staaten des Westbalkans. Der Bericht, der heute im Europäischen Parlament in Brüssel präsentiert wurde, bewertet den rechtlichen Rahmen für den Biodiversitätsschutz und seine Umsetzung (bzw. Nicht-Umsetzung) anhand von Fallstudien besonders bedeutender Ökosysteme in Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien.

Durch nationale Gesetzgebung und internationale Abkommen sind Lebensräume und Arten in den westlichen Balkanländern zwar nominell geschützt, tatsächlich sind sie aber massiv bedroht: von Infrastrukturprojekten wie Flughäfen in Feuchtgebieten über die illegale Vogeljagd bis hin zur Zerstörung von Lebensräumen. Diese Verstöße untergraben die Schutzziele der EU-Vogelschutz- und der FFH-Richtlinie sowie der Berner Konvention, mit gravierenden Folgen für Arten wie den bedrohten Balkanluchs und den Krauskopfpelikan.

Viktor Berishaj, Senior Policy Officer bei EuroNatur und Hauptautor der Studie, erklärt: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Naturschutz in den Staaten des Westbalkans durchweg einen geringen Stellenwert hat. Schutzgebiete sollten eigentlich sichere Häfen für die biologische Vielfalt sein, doch in der Realität zeigt sich eine beunruhigende Tendenz zu Missmanagement und Vernachlässigung. Dessen ungeachtet besteht eine große Chance, den Trend umzukehren und die Zukunft dieser Ökosysteme zu sichern, wenn der vorhandene Spielraum für Verbesserungen genutzt wird. Grundlegende politische Änderungen sind allerdings unabdingbar.“

EuroNatur warnt davor, dass die Vernachlässigung der Umwelt einen schädlichen Präzedenzfall für künftige EU-Mitglieder schaffen könnte, insbesondere angesichts der zunehmenden Bedrohung durch den Klimawandel. Um diese Lücke zu schließen, hat EuroNatur umsetzbare Empfehlungen für die Regierungen formuliert:

1. Stärkung des rechtlichen Rahmens und der Einhaltung der EU-Richtlinien.

2. Stärkung der institutionellen Kapazitäten und des lokalen Engagements für den Naturschutz.

3. Einführung einer strikten Überwachung und Verwaltung von Schutzgebieten.

4. Wiederherstellung von Lebensräumen, um die ökologische Vernetzung der Arten zu unterstützen.

5. Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Fragen der biologischen Vielfalt.

Thomas Waitz, Europaabgeordneter der Grünen und Gastgeber der Berichtspräsentation im Europäischen Parlament, ergänzt:„Der westliche Balkan ist ein Juwel der biologischen Vielfalt mit einem wunderbaren Naturerbe im Herzen Europas. Das zu schützen ist eine zentrale Aufgabe für die EU und die Regierungen der westlichen Balkanländer. Die gemeinsame Bewältigung der dringenden Probleme, die im EuroNatur-Bericht angesprochen werden, würde die Zusammenarbeit und den Beitrittsprozess stärken und ist entscheidend für die Bekämpfung der Biodiversitäts- und Klimakrise, mit der unser Kontinent konfrontiert ist. Ohne den Schutz der biologischen Vielfalt kann es keine wirksamen Klimaschutzmaßnahmen geben.“

Anhand detaillierter Fallstudien zeigt der Bericht konkrete Beispiele für systemisches Politikversagen. Maßnahmen zum Schutz dieser Ökosysteme müssen unverzüglich ergriffen werden, bevor es zu spät ist.

„Es besteht eine hohe Dringlichkeit für Biodiversitätsschutz in den Westbalkanstaaten“, sagt Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer von EuroNatur. „Der EU-Beitrittsprozess stellt eine einmalige Gelegenheit für diese Länder dar. Wir müssen sicherstellen, dass die essentiellen Ökosysteme erhalten und nachhaltig gemanagt werden.“

Hintergrundinformationen:

  • Hier finden Sie den Bericht.
  • Der Bericht befasst sich mit diesen Fällen:
    o Albanien: Vlora International Airport
    o Bosnien-Herzegowina: Livanjsko Polje
    o Montenegro: Saline Ulcinj
    o Serbien: Illegale Tötung von Vögeln
    o Albanien, Kosovo, Montenegro und Nordmazedonien: Balkanluchs
  • Unter dem Westbalkan versteht man die Staaten Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien. Sie befinden sich in einem Beitrittsprozess zur Europäischen Union, ebenso wie die Ukraine, Georgien und Moldawien. Daher werden sie auch als Erweiterungsländer bezeichnet.

Kontakt:

Anja Arning, anja.arning(at)euronatur.org, Tel.: +49 (0)7732 – 92 72 13

Viktor Berishaj, viktor.berishaj(at)euronatur.org

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