Erweiterungspaket 2024 zeigt einige Umweltprobleme in den westlichen Balkanstaaten, begrenzte Fortschritte bei deren Bewältigung und lässt Spielraum für Manöver zulasten der Biodiversität.
Brüssel, Radolfzell. Im Erweiterungsbericht 2024 räumt die Europäische Kommission zurückhaltend ein, dass die Fortschritte bei der Bewältigung von Umwelt- und Biodiversitätsproblemen in den sogenannten Westbalkanstaaten begrenzt sind. Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien versagen systematisch bei der Umsetzung und Implementierung wichtiger Teile der horizontalen Gesetzgebung, wobei hier die Richtlinien zur Umweltverträglichkeitsprüfung und zur Strategischen Umweltprüfung hervorgehoben werden. Ebenso gibt es erhebliche Schwierigkeiten bei der Verwaltung von Schutzgebieten und Nationalparks sowie beim Schutz und der Verwaltung gefährdeter Arten. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Länder konkrete Schritte zur Umsetzung der Vogelschutz- und Habitats-Richtlinien unternehmen müssen.
Die Ergebnisse der Kommission unterstreichen, dass trotz einiger Fortschritte die Bemühungen der Länder nicht ausreichen, um robuste, transparente und partizipative Rahmenbedingungen zu schaffen, die für eine effektive Umweltpolitik unerlässlich sind. Das Erweiterungspaket weist auf ein immer wiederkehrendes Problem hin, das sich in den westlichen Balkanländern zeigt, nämlich das Fehlen umfassender nationaler Strategien und ausreichender Verwaltungskapazitäten, um die bestehenden Gesetze wirksam durchzusetzen und die Richtlinien umzusetzen.
Darüber hinaus hebt der Bericht zu Recht die Änderungen des albanischen Schutzgebietsgesetzes hervor, die den Spielraum für schädliche wirtschaftliche Entwicklungen und Massentourismus erhöhen. Dieses gesetzgeberische Manöver scheint mit einem breiteren regionalen Trend übereinzustimmen, bei dem wirtschaftliche Interessen sich nicht an nachhaltige Entwicklungspraktiken halten, was auf Kosten der Natur geht.
„Der Erweiterungsbericht hat zahlreiche Umweltprobleme in den westlichen Balkanstaaten aufgezeigt, vor allem bei der Verwaltung von Schutzgebieten und bei Gesetzen, die die biologische Vielfalt betreffen. Die kritischen Auswirkungen laufender Projekte wie des internationalen Flughafens Vlora in Albanien werden in dem Bericht jedoch nicht umfassend behandelt. Die Kommission hat die Probleme zwar in begrenztem Umfang anerkannt, aber keine konkrete Maßnahmen zur Lösung dieser dringenden Probleme gefordert und damit eine entscheidende Gelegenheit verpasst, mit einer starken Umweltpolitik voranzugehen. Wir sind darüber besorgt und fordern die EU auch angesichts der kürzlich eröffneten Beitrittsverhandlungen auf, Albanien klare Vorgaben zu machen, einschließlich eines sofortigen Baustopps am vorgesehenen Flughafenstandort und einer umfassenden Neubewertung des Projekts im Einklang mit den Naturschutzzielen“, sagt Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer von EuroNatur. „Albanien muss schnell handeln, um geschädigte Ökosysteme wiederherzustellen, die jüngsten Änderungen am Schutzgebietsgesetz zurücknehmen und für Umweltgerechtigkeit sorgen.“
Viktor Berishaj, Senior Policy Officer bei EuroNatur, fügt hinzu: „Auch wenn der Bericht der EU-Kommission keinen eindringlichen Aufruf zum Handeln enthält, so unterstreicht er doch unmissverständlich die dringende Notwendigkeit für die Länder des westlichen Balkans, ihre Umweltpolitik und -praxis zu verbessern. Wenn sie dies tun, werden sie sich nicht nur an den EU-Umweltrahmen anpassen, sondern auch sicherstellen, dass das reiche Naturerbe der Region erhalten bleibt. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Länder konkrete Schritte zur Umsetzung der Naturrichtlinien, insbesondere der Vogelschutz-Richtlinie, unternehmen. EuroNatur wird sich weiterhin an diesem Prozess beteiligen und sich für einen transparenten, integrativen und wissenschaftlich fundierten Ansatz in der Umweltpolitik einsetzen.“
Mit Blick auf die jüngste Lithium-Debatte in Serbien betont Berishaj außerdem: „Es ist auffällig, dass die EU nur die Unterzeichnung der Absichtserklärung mit Serbien zum Start der strategischen Partnerschaft zu nachhaltigen Rohstoffen, Batterie-Wertschöpfungsketten und Elektrofahrzeugen anerkennt. Während die Absichtserklärung die Bedeutung der Förderung höchster Umwelt-, Sozial- und Governance-Standards unterstreicht, versäumt es die EU-Kommission, die logischen Punkte ihrer eigenen Erkenntnisse zu verbinden, nämlich mit der fehlenden Umsetzung in Serbien. Die Förderung höchster Standards ist nicht das Gleiche wie deren Umsetzung – und genau das hat Serbien bislang systematisch versäumt."
Hintergrundinformationen:
Den Link zum Enlargement Report finden Sie hier: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/ip_24_5583
- Der westliche Balkan ist eine Region, die aus Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien besteht. Dies Länder streben ebenso wie die Ukraine, Georgien und Moldawien eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union an. Aus diesem Grund werden sie auch als Erweiterungsländer bezeichnet.
Kontakt:
Anja Arning, anja.arning(at)euronatur.org, Tel.: +49 (0)7732 – 92 72 13
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