Enttäuschende Kompromisse nach Abstimmung im EU-Parlament über die Erneuerbare-Energie-Richtlinie
Abgeordnete des Europäischen Parlaments haben es versäumt, Energielösungen voranzubringen, die die Klima- und die Artenkrise gemeinsam lösen.
26. September 2022
Vom 12. bis 15. September reiste das RED4Nature-Team von EuroNatur nach Straßburg zur monatlichen Plenarwoche im EU-Parlament. Insbesondere wollten wir die Mitglieder des Europäischen Parlaments (MdEP) ein letztes Mal vor der Abstimmung über die überarbeitete Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) daran erinnern, warum es so wichtig ist, die vorgeschlagenen Änderungen mit den Natur- und Biodiversitätszielen in Einklang zu bringen. Unser Ziel war es, dass das Parlament über einen starken Vorschlag abstimmt, bevor dieser in die Trilog-Verhandlungen zwischen Parlament, Europarat und Europäischer Kommission geht.
Neben spontanen Besuchen in so vielen Büros von Europaabgeordneten, wie wir in drei Tagen schaffen konnten, sind wir am Morgen der Abstimmung über RED extra früh aufgestanden, um unsere Abstimmungsempfehlungen an die Türklinken aller 705 Europaabgeordneten zu hängen. Am Nachmittag, noch kurz vor der Abstimmung, haben wir uns vor dem Parlament in Straßburg einer Gruppe von Waldschützerinnen und Waldschützern angeschlossen. Diese haben einen riseigen verbrannten Baum vor dem Gebäude aufgeblasen, um die Parlamentarier und die Kommission daran zu erinnern, dass wir aufhören müssen, unsere Wälder zur Energiegewinnung zu verbrennen.
Leider, wenngleich kaum überraschend, verlief die Abstimmung am 14. September nicht so, wie wir es uns erhofft hatten. Zwar wurde die Abschaffung der Subventionen für die Holzverbrennung zur Stromerzeugung gebilligt, doch ist dies nur ein kleiner Schritt, der nicht ausreichen wird, um das Verbrennen von Wäldern zu beenden. Insbesondere Primärholzbiomasse (ganze Baumstämme aus Wäldern) wird immer noch als erneuerbare Energie angesehen. Die Begrenzung des Energieanteils der primären Holzbiomasse auf einen Wert, der den Durchschnitt der letzten fünf Jahre nicht übersteigt, reicht nicht aus, um die Abholzung der Wälder zu beenden.
Der derzeitige Holzeinschlag in den europäischen Wäldern ist zerstörerisch, und mehr als 80 % der Waldlebensräume in Europa werden zerstört. Dies unter dem Deckmantel des Klimaschutzes zu tun, ist Betrug. Europas natürliche Wälder stehen bereits unter massivem Druck. In Estland, Finnland und den rumänischen Karpaten zum Beispiel wurden in letzter Zeit riesige Flächen wertvoller Wälder abgeholzt - mit Subventionen aus Brüssel.
Die Frage der Definition von erneuerbaren Energien ist noch offen. Die Mehrheit hat beschlossen, dass Energie aus primärer Holz-Biomasse noch als erneuerbar gelten soll. Das ist für mich nicht sehr verständlich.
Auch für Europas Flüsse bedeutet die Abstimmung am vergangenen Mittwoch kein gutes Signal. Das europäische Parlament hat es versäumt, echte Nachhaltigkeitskriterien für die derzeit im Bau befindlichen Wasserkraftwerke aufzustellen und den Bau neuer Staudämme zu stoppen, einschließlich von Kleinwasserkraftwerken, deren Energiebeitrag vernachlässigbar ist, deren negative Auswirkungen auf die Ökosysteme der Flüsse allerdings enorm sind.
„Die Beschlüsse zur Holzbiomasse, zur Wasserkraft und zum Anbau von Biokraftstoffen sind herbe Rückschläge“, sagt Bruna Campos, Senior Policy Manager bei EuroNatur. „Mit dieser Überarbeitung der Erneuerbare-Energie-Richtlinie werden wir nicht die echten erneuerbaren Energien bekommen, die wir zur Bekämpfung der Energiekrise brauchen.“
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