Ländliche Regionen werden im Stich gelassen
Berlin. Eine kritische Bilanz der bisherigen Agrarpolitik von Landwirtschaftsminister Seehofer haben Vertreter der Erzeugerverbände von Bioland, NEULAND und der Umweltstiftung EuroNatur gezogen. Sie kritisieren beispielsweise, dass in den kommenden Jahren netto 25 % weniger Finanzmittel bereitgestellt werden, um Agrarumweltprogramme zu finanzieren, den Ökologischen Landbau zu fördern oder kleine Verarbeitungsstrukturen zu unterstützen.
Grund dafür sei, dass sich die Bundesregierung bei den Finanzverhandlungen in Brüssel nicht ausreichend für die sogenannte "2. Säule der Agrarpolitik" eingesetzt habe und auf nationaler Ebene nicht bereit sei, Finanzmittel von den Großstrukturen abzuziehen, um sie in die entsprechenden Programme umzuwidmen. Dadurch würden die Landwirte, die auf die sogenannte zweite Säule gesetzt haben, empfindliche Einkommenseinbußen zu verzeichnen haben. Der Ländliche Raum und seine Bevölkerung gehöre ebenso zu den Verlierern dieser Kürzungen.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die von Landwirtschaftsminister Seehofer und einigen Bundesländern erwirkte Rücknahme des Käfigverbotes bei Legehennen und die Einführung des sogenannten ausgestalteten Käfigs. Hingegen lässt die in Aussicht gestellte massive Förderung von alternativen Haltungsformen auf sich warten. Die Einschätzung der Bundesregierung zu den Folgen der geplanten Schweinemastgroßanlagen in Größenordnungen von bis zu 85.000 Mastplätzen ist für die Verbandsvertreter "nicht nachvollziehbar". Die damit verbundenen Probleme für Bevölkerung, Marktstruktur, Umwelt- und Tierschutz würden von der Bundesregierung "nicht erkannt".
Ein weiteres Defizit sehen die Verbände in der unkritischen Betrachtung des bisherigen Agrarmarketings. Während ca. 40 % der landwirtschaftlichen Erzeuger die Zwangsabgaben an die CMA nur unter Vorbehalt, unter Hinweis auf das ausstehende Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, zahlen, bekennt sich das Bundeslandwirtschaftsministerium uneingeschränkt zum Gemeinschaftsmarketing der CMA und hält die Bedenken des Verwaltungsgerichtes Köln für nicht stichhaltig. Eine Neuorientierung des Agrarmarketings, die Wertschöpfungspotentiale liefert, sei "unverzichtbar": weg von der nichtssagenden allgemeinen generischen Werbung hin zu einer qualitätsorientierten Produktdifferenzierung.
Die geplante Aufweichung des Gentechnikgesetzes in Anlehnung an die von CDU und CSU Ende 2006 verfassten Eckpunkte bedrohe zudem die Nicht-Gentechnik-Lebensmittelwirtschaft in Deutschland. Von der gerade begonnenen Ratspräsidentschaft erwarten die Verbände deutliche Signale von Minister Seehofer in Richtung einer europäischen Agrarpolitik, die eine Landwirtschaft fördert, welche Arbeitsplätze erhält, Natur, Umwelt und Nutztiere schont und auf Qualität setzt.
Download pdf: Zahlen, Fakten und Forderungen der Verbände zur Pressekonferenz am 18.1.2007 (650 kb)
Download pdf: <link fileadmin/docs/umweltpolitik/Vortrag_Agrar_Nov2006.pdf>Ausführliche EuroNatur-Präsentation zur Agrarproblematik, Vortrag Lutz Ribbe vom November 2006 (3,2 Mb)</link>
Lutz Ribbe
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