Für viele Spenderinnen und Spender war sie das Gesicht von EuroNatur. Zum Ende des Jahres verabschiedet sich Sabine Günther nun nach über drei Jahrzehnten in den Ruhestand. Im Interview teilt sie Gedanken und Gefühle, die mit diesem Schritt verbunden sind und übergibt den Stab an ihre Nachfolgerin Ines Fantinato. Die 48-Jährige ist ab jetzt die Hauptansprechpartnerin in der Spenderbetreuung.
Sabine Günther geht in den Ruhestand, Ines Fantinato übernimmt
"Langweilig war es mir nie!"
Im Jahr 1991 kam Sabine Günther als Quereinsteigerin zu EuroNatur. Im Laufe der Jahre veränderte sich ihr Tätigkeitsfeld stetig. Den Spendenbereich übernahm sie im Jahr 2008 komplett. Unter anderem war sie Ansprechpartnerin für Fragen rund um das Thema Testamentsspende, hielt die persönliche Verbindung zu Unterstützerinnen und Unterstützern von EuroNatur, organisierte Spendertreffen ebenso wie die Veranstaltung rund um die Verleihung des EuroNatur-Preises. Hinter den Kulissen war sie für die Koordination der Aussendung von Spendenaufrufen und die Pflege der Spenderdatenbank verantwortlich. Ab Januar 2025 tritt Ines Fantinato die Nachfolge von Sabine Günther an.
Sabine, wie fühlt es sich an, EuroNatur nach über 30 Jahren „Lebewohl“ zu sagen?
Es sind gemischte Gefühle. Es ist Wehmut dabei, aber ich freue mich auch auf das, was vor mir liegt. Ich werde hier einiges vermissen, vor allem auch meine Kolleginnen und Kollegen. Aber die Entscheidung fühlt sich richtig an. Fast 34 Jahre bei EuroNatur ist lange genug (lacht).
Das ist wirklich viel! Was hat Dich so lange Zeit deines Lebens bei der Stiftung gehalten?
Mein Arbeitsfeld hat sich gewandelt und das war interessant, das heißt, ich hatte nicht 34 Jahre lang die gleiche Tätigkeit. In EuroNatur habe ich einen Arbeitgeber gefunden, wo man versucht hat, etwas in der Welt zu verbessern, das hat mir ein gutes Gefühl gegeben.
Was hast Du als besonders bereichernd empfunden?
In der Betreuung der Spenderinnen und Spender waren es die direkten Kontakte zu den Menschen – sei es persönlich oder telefonisch. Diese Begegnungen haben mich in meiner eigenen Entwicklung weitergebracht, auch oder besonders dann, wenn schwierige Fragen kamen, auf die ich erstmal keine Antwort hatte.
Eine häufige Rückmeldung ist „bei EuroNatur fühle ich mich gesehen“.
Sind die Spender für Dich mehr als eine Nummer in der Datenbank?
Ja, das war mir immer sehr wichtig. Wenn ich zum Beispiel Geburtstagskarten verschickt habe, wollte ich meinem Gegenüber eine Freude machen. Ich dachte mir, für manche ist es vielleicht der einzige Geburtstagsgruß. Dabei habe ich keinen Unterschied gemacht, wie viel jemand gespendet hat. Ich wusste ja nie, wie viel dieser Betrag für den Einzelnen bedeutet hat. Erst kürzlich hat mir eine Spenderin geschrieben, sie bedauere sehr, dass ich aufhöre, denn für sie sei ich das Gesicht von EuroNatur. Sowas tut gut und baut auf.
Was war besonders herausfordernd?
Die Umstellung auf ein neues Spendenverwaltungsprogramm vor zehn Jahren. Das war eine schwierige Aufgabe, die ich ganz allein bewältigen musste und die mich mehrere Stunden Schlaf gekostet hat. Es war befriedigend zu sehen, als dann alles funktioniert hat.
Das heißt, die Spenderbetreuung bedeutete nicht nur Kontakt zu Menschen, sondern es war auch viel Technik dabei?
Ja, das war eine gute Mischung und beides hat für mich eng zusammengehört. Zum Beispiel habe ich ausgewertet, wie lange Spender schon dabei sind. Das Ergebnis war erfreulich, denn viele waren uns seit Gründung der Stiftung treu. Allerdings ist gegenwärtig eine Veränderung zu beobachten. Derart langjährige Spender dürfte es künftig seltener geben.
Warum denkst Du das? Wie würdest du den Wandel im Spendenwesen aus Sicht von EuroNatur beschreiben?
Zum Beispiel kamen früher Menschen auf uns zu, die EuroNatur über einen Artikel in der Zeitung oder einen Fernsehbeitrag entdeckt haben. Ich erinnere mich an meine Anfangszeit, als ein Fernsehfilm über ein früheres Projekt an der Narew ausgestrahlt wurde. Damals war es noch üblich, die Anschrift einer Organisation für weitere Informationen einzublenden. Wir hatten uns mit 200 Informationsmappen vorbereitet, aber es kamen 1.000 Anfragen! Das ist heute nicht mehr vorstellbar. Durch die sozialen Medien und das Internet beobachten wir einen starken Wandel. Von den Neuspendern heutzutage haben wir oft nur die Emailadresse und die meisten möchten keine Informationen, sondern sie recherchieren selbst im Netz. Es ist schwierig, neue und langfristige Beziehungen aufzubauen.
Sabine Günther war über so viele Jahre eine verlässliche, vertrauenswürdige und zugewandte Ansprechpartnerin für unsere Unterstützerinnen und Unterstützer. Sie hat maßgeblich dazu beigetragen, dass so viele Menschen eine echte Bindung zu EuroNatur und unseren Anliegen aufgebaut haben. Dafür danken wir Sabine Günther sehr und wünschen ihr für den nächsten Lebensabschnitt das Allerbeste. Wir haben das Glück, in Ines Fantinato eine Nachfolgerin gefunden zu haben, die den Spendenbereich mit Herz und Sachverstand weiterführen wird.
Ines, wenn Du hörst, Sabine Günther wird als das Gesicht von EuroNatur wahrgenommen, empfindest Du es dann als schweres Erbe, den Spendenbereich zu übernehmen?
Es sind große Fußstapfen, in die ich trete, aber ich hatte die Chance, gut in die neue Aufgabe reinzuwachsen. Sabine Günther hat mir von Anfang an viel Vertrauen entgegengebracht, das bestärkt mich. Ich arbeite schon seit zehn Jahren in der Spenderverwaltung von EuroNatur. Das Übergabe-Jahr war für mich eine weitere Bestätigung, dass ich mich im Spendenbereich am richtigen Fleck fühle. Ich freue mich jetzt auf den direkteren Kontakt. Ich merke immer wieder, was für tolle Spender wir haben, wie aufgeschlossen sie sind, wie überzeugt von EuroNatur. Für sie sind Natur und Naturschutz wichtig und es liegt ihnen generell am Herzen, sich zu engagieren. Dafür spüre ich eine große Wertschätzung. Ich freue mich darauf, den Austausch zu pflegen und dazu beizutragen, dass sich die Spenderinnen und Spender bei EuroNatur gut aufgehoben und informiert fühlen. Aber wie Sabine schon sagt, ist es eine besondere Herausforderung unserer Zeit, neue Kontakte aufzubauen.
Was ist Deine Motivation, diesen Job ausgerechnet bei EuroNatur zu machen?
Zur Stiftung zu kommen, war damals eine Bauchentscheidung, die sich bis heute richtig anfühlt. EuroNatur ist für mich fast so etwas wie eine zweite Familie (lacht). Das wusste ich nicht, bevor ich hier angefangen habe. Für mich war damals nur klar, ich brauche eine sinnstiftende Arbeit. Mit der Natur zu tun zu haben, gefällt mir. Auch diese Verbindung ist stark gewachsen, seit ich bei EuroNatur bin. Besonders spricht mich der Bezug zum Balkan an, da ich dort Verwandtschaft habe.
Hast du Herzensprojekte, bei denen Du besonders mitfieberst?
Ines Fantinato: Ja, die Bärenprojekte, aber auch der Schutz der Flüsse gehören dazu. Auch, wenn es vor allem bei Letzteren zäh ist, etwas zu erreichen.
Sabine Günther: Mir haben Spender schon gesagt, sie glauben nicht mehr daran, dass man noch groß etwas verändern kann, aber dass sie es für einen Fehler halten, nichts zu tun. Einige davon haben uns sogar im Testament berücksichtigt, weil sie unbedingt helfen möchten, selbst wenn am Ende nur ein kleiner Teil der Natur erhalten werden kann. Wenn Menschen EuroNatur so viel Vertrauen entgegenbringen, obwohl sie sehen, wie schwierig unsere Arbeit ist, bedeutet das eine große Motivation weiterzumachen.
Ines Fantinato: Mir geht es genauso. Wenn unsere Unterstützerinnen und Unterstützer uns auffordern, weiterhin den Finger in die Wunde zu legen, gibt mir das Kraft.
Interview: Katharina Grund