Die Europäische Kommission lässt sich von unzutreffenden Behauptungen einer Gefahr für Mensch und Landwirtschaft zu Überlegungen hinreißen, den Schutzstatus des Wolfs zu ändern. EuroNatur und mehr als 300 weitere NGOs läuten die Alarmglocken hinsichtlich der möglichen Folgen einer solchen Entscheidung.
Wenn die EU dem Wolf seinen Schutzstatus wegnimmt, droht im nächsten Schritt eine Schwächung der gesamten FFH-Richtlinie, eines Grundpfeilers der Naturschutzgesetzgebung. Diese Entwicklung ist zutiefst besorgniserregend, denn damit droht eine Zerbröselung des so wichtigen Schutzes der Tier- und Pflanzenwelt.
Entstanden sind die gegenwärtigen Überlegungen, den Schutzstatus des Wolfs zu schwächen, durch irreführende Behauptungen, Wolfpopulationen würden Menschen und die Viehwirtschaft bedrohen. Diese Behauptungen beruhen nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen: In Europa gilt der Wolf nicht als gefährlich für den Menschen, und Schäden an Nutztieren sind häufig auf das Fehlen einer angemessenen Überwachung beziehungsweise eines physischen Schutzes zurückzuführen. Mit bewährten Gegenmaßnahmen wie Zäunen und Herdenschutzhunden ist die Koexistenz mit Wölfen möglich.
Wenn der Schutzstatus des Wolfs aber herabgesetzt wird, könnte das gesamte EU-Naturschutzrecht in Mitleidenschaft gezogen werden. Die FFH-Richtlinie, ein zentrales Instrument für den Schutz von Lebensräumen und Arten in der gesamten EU, könnte aufgeschnürt werden, mit weitreichenden Konsequenzen für die ohnehin fragile Balance der europäischen Ökosysteme.
Heute senden die 300 NGOs einen offenen Brief an Kommissionspräsidentin von der Leyen und verlangen, dass alle Entscheidungen zu diesem Thema nur auf der Grundlage verlässlicher wissenschaftlicher Daten getroffen werden, dass der rechtliche Artenschutz für den Wolf bestehen bleibt und dass jene Maßnahmen vorangetrieben werden, die eine Koexistenz von Mensch und Wolf fördern.
Dem zugrunde liegt das grundlegende Bekenntnis zur Bewahrung der Biodiversität und zur Koexistenz. Wölfe spielen für das Gleichgewicht der Ökosysteme und für die Artenvielfalt eine wichtige Rolle. Ihre Rückkehr in Gebiete, wo sie zuvor ausgerottet worden waren, ist ein sehr positives Zeichen für den Artenschutz. EuroNatur appelliert dringend an die Europäische Kommission, wissenschaftsbasierter Entscheidungsfindung und verantwortungsvollem Wildtiermanagement zum Schutz des europäischen Naturerbes den Vorzug zu geben.