EuroNatur kritisiert Abschuss von "Bruno"

Grenzüberschreitende Kooperation und bessere Vorbereitung auf die Rückkehr von Bär, Wolf und Luchs gefordert

Zwei spielende Bären
© Dietmar Nill

 

Presseinformation vom 26.6.2006

 

 

Radolfzell. Die internationale Umweltstiftung EuroNatur kritisiert den Abschuss des vor fünf Wochen zum ersten Mal in Deutschland aufgetauchten Braunbären "Bruno". EuroNatur-Geschäftsführer Gabriel Schwaderer: "Wir bedauern den Abschuss von 'Bruno' sehr. Die Entscheidung der bayerischen Landesregierung halten wir für falsch, da sie nur auf der Grundlage der Tatsache, dass der Bär sich menschlichen Siedlungen nähert, getroffen wurde. Wenn dies zum Maßstab für das Lebensrecht von Braunbären wird, sehen wir für Bären in Europa schwarz."

Alle bisher veröffentlichten Berichte belegen nach Auffassung von EuroNatur nicht, dass "Bruno" in den letzten Wochen zunehmend an Scheu vor Menschen verloren habe. Es sei zwar richtig, dass Bären in der Regel nicht so häufig in menschlichen Siedlungen auftauchen. Aber als Beleg dafür, dass "Bruno" eine Gefahr für Menschen gewesen sei, könne dies allein nicht gewertet werden. Schließlich habe der Bär bei den bekannt gewordenen, direkten Begegnungen mit Menschen immer sofort die Flucht ergriffen.

Bei EuroNatur hätte man es nach wie vor für richtig gehalten, weiterhin zu versuchen, den Bären "Bruno" gezielt zu vergrämen. Solche Vergrämungsmethoden haben, wie Erfahrungen aus anderen Bärengebieten zeigen, schon manchmal dazu geführt, dass Bären menschliche Siedlungen wie überhaupt die Nähe zu Menschen daraufhin meiden. Aus Sicht der international tätigen Naturschutzorganisation wäre es weiterhin richtig gewesen, das Tier zu fangen und vor seiner Freilassung mit einem Peilsender auszustatten, um seinen Aufenthaltsort jederzeit ermitteln zu können. Dann hätte die Vergrämung, also der gezielte Beschuss mit Gummigeschossen und Feuerwerkskörpern auch noch konsequenter und zielgenauer durchgeführt und bei etwa auftretenden Konflikten sofort eingegriffen werden können.

Es sei nach Angaben von EuroNatur nicht klar geworden, ob alle Möglichkeiten ausgelotet wurden, den Bären nach einem möglichen Fang wieder im italienischen Trentino in die Freiheit zu entlassen. Immerhin habe es aus dem römischen Umweltministerium Signale gegeben, dass man den Bären gerne wieder im Trentino aufnehmen würde. Es sei auch die Frage zu stellen, ob der Abschuss ohne vorherige Konsultation der italienischen Kollegen und der EU-Kommission der richtige Weg war. Schließlich habe die EU-Kommission und Italien nicht unwesentliche Mittel in das Wiederansiedlungsprojekt im Trentino gesteckt. Gabriel Schwaderer erläutert, dass es in jedem Fall deutlich geworden sei, dass der internationale Dialog und die Zusammenarbeit im Naturschutz über Grenzen hinweg gestärkt werden müsse: "Bären sind Symbole für eine Natur ohne Grenzen in Europa. Ihr Schutz und Management machen die grenzüberschreitende Kooperation unabdingbar."

Unabhängig vom Abschuss des Bären "Bruno" fordert EuroNatur nun die konsequente Vorbereitung in Bayern auf die Zuwanderung weiterer Bären. Der erste Braunbär in Deutschland seit 170 Jahren zeigt auch, dass Politik und Verwaltung sowie Landbewirtschafter und Öffentlichkeit nicht auf das Einwandern der Petze eingestellt sind. Da es nach Angaben von EuroNatur nicht der letzte Bär sei, der über die Grenze komme und die bayerischen Alpen auch ein geeigneter Lebensraum für Braunbären seien, müsse man sich besser auf die Rückkehr der faszinierenden Wildtiere einstellen. EuroNatur fordert daher von der bayerischen Landesregierung und der Bundesregierung, dass ein effizientes Bären-Management aufgebaut und die Erarbeitung eines Bären-Managementplans begonnen wird. Gabriel Schwaderer erläutert die Aufgabe eines solchen Managementplans: "Wichtig ist, dass in die Entwicklung eines Managementplans Landnutzer und Naturschützer gleichermaßen einbezogen werden. Geregelt werden muss dabei auch, wie geeignete Schutzmaßnahmen für Schafherden und Bienenstöcke umgesetzt und wie möglicherweise trotzdem auftretende Schäden ausgeglichen werden können."

Aufgrund der sehr langen Abwesenheit von Bär, Wolf und Luchs werden Schafe, aber auch andere Haustiere nicht ausreichend gegen Angriffe von Wildtieren geschützt. Dies sei aber nach Aussagen von EuroNatur nötig und möglich, wie viele Beispiele auf internationaler Ebene zeigen. Auch Bienenstöcke können wirkungsvoll mit Elektrozäunen geschützt werden. Man dürfe aber die Landbewirtschafter mit der Umsetzung dieser Maßnahmen nicht alleine lassen. Fachkundige Beratung ist erforderlich und die Kosten und Lasten, die mit der Prävention verbunden seien, müssten von der gesamten Gesellschaft getragen werden. EuroNatur plädiert zudem seit langem dafür, in Deutschland Managementpläne nicht nur für Bären, sondern auch für Wolf und Luchs zu entwickeln.

 

Rückfragen:

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