Jagd in Frankreich bedroht den Ostervogel
Presseinformation vom 24. März 2005
Radolfzell. Nicht der Osterhase, sondern frühbrütende Vogelarten wie der Kiebitz lieferten nach Angaben der Stiftung Europäisches Naturerbe (EuroNatur) die Ostereier, bevor diese aus Schokolade hergestellt und in Aluminium verpackt in die Nester der Kinder wanderten. Bekanntester Liebhaber von Kiebitzeiern in Deutschland war Reichskanzler Otto von Bismarck. Von den getreuen Friesen aus Jever bekam er jedes Jahr zu seinem Geburtstag am 1. April die ersten 101 Kiebitzeier geschenkt.
Doch heute wird der Kiebitz mit seinem Federschopf, dem markanten "kiuwit"-Ruf und dem auffallenden Schaukelflug immer seltener. Über die Hälfte der Brutpaare ist in den letzten Jahren aus Deutschland verschwunden und es geht weiter abwärts. Über 50 Prozent des Weltbestandes des Kiebitzes leben in Europa und nach Angaben von BirdLife International schrumpfte dieser europäische Bestand in den letzten Jahren um über 30 Prozent.
Im Herbst ziehen die Kiebitze aus ihren Brutgebieten nach Südwesten, um in wärmeren Teilen Europas zu überwintern. Doch zu wenige kommen zurück, denn in Frankreich wird noch immer auf die gefährdete Vogelart geschossen. Nach Angaben der französischen Jagdorganisation ONCFS werden in Frankreich jährlich fast eine halbe Million Kiebitze geschossen. "Nach EU-Recht ist eine Bejagung nur möglich, wenn die Vogelart in ihrem Bestand nicht gefährdet ist," betont Dr. Martin Schneider-Jacoby, Vogelschutzexperte bei EuroNatur. "Die Bejagung der durchziehenden Kiebitze trifft jedoch viele im Bestand zurückgehende Populationen und verstößt damit gegen europäisches Recht." Die Zahl der in Frankreich geschossenen Kiebitze ist etwa doppelt so hoch wie der gesamte deutsche Bestand und fast zehn Mal größer als die Zahl der in Frankreich brütenden Vögel.
Der Kiebitz gehört genauso zum Osterspaziergang wie der Osterhase. Aber die großen Anstrengungen zur Erhaltung seines Lebensraumes aus Feuchtwiesen und artenreicher Kulturlandschaft werden durch die Jagd in Frankreich zunichte gemacht. Wie lange müssten die "Getreuen von Jever" heute wohl suchen, um Otto von Bismarck die ersten 101 Ostereier nach Berlin schicken zu können?
Informationen zur Geschichte der "Getreuen von Jever" bietet das Schlossmuseum Jever
Aktuelle Bestandszahlen für den Kiebitz in Europa bei BirdLife International
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