EuroNatur bewertet Entscheidung kritisch
Presseinformation vom 23. Mai 2006
Radolfzell. Der bayerische Umweltminister Werner Schnappauf hat am 22. Mai 2006 den in den letzten Tagen nach Bayern eingewanderten Braunbären zum Abschuss frei gegeben. Sehr wahrscheinlich handelt es sich bei dem ersten seit mehr als 170 Jahren in Deutschland gesichteten Braunbären um ein Tier, das aus dem italienischen Trentino stammt.
Wildlebende Bären sind normalerweise sehr scheu. Dies ist bei dem bereits seit einigen Wochen durch Vorarlberg, Tirol und nun auch durch Bayern wandernden Braunbären nicht der Fall. Es ist kaum ein Tag vergangen, an dem er kein Schaf gerissen oder einen Bienenstock ausgeräumt hat. Zuletzt ist er sogar in einen Hühnerstall eingedrungen.
Die internationale Umweltstiftung EuroNatur bewertet die Entscheidung des bayerischen Umweltministeriums kritisch. EuroNatur-Geschäftsführer Gabriel Schwaderer: "Wir bedauern die Entscheidung, da nicht klar ist, ob tatsächlich alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen wurden, um den ersten Braunbären, der sich wieder in Deutschland blicken lässt, wirkungsvoll zu vergrämen." So sei der Bär bisher etwa nicht gezielt mit Gummigeschossen und Feuerwerkskörpern in der Nähe von menschlichen Siedlungen beschossen worden. Solche Vergrämungsmethoden haben, wie Erfahrungen aus anderen Bärengebieten zeigen, schon manchmal dazu geführt, dass Bären menschliche Siedlungen wie überhaupt die Nähe zu Menschen daraufhin meiden. Wenn allerdings auch diese Maßnahmen nicht fruchten, sei der Abschuss als ultima ratio die richtige Entscheidung, betont man bei EuroNatur. Tiere, die ein so auffälliges und untypisches Verhalten auch nach der Durchführung geeigneter Vergrämungsmaßnahmen nicht ablegen, stellen tatsächlich ein gewisses Risiko für Menschen dar und werden als Problembären bezeichnet. Aus Sicht der international tätigen Naturschutzorganisation sei es nun aber vordringlich, das Tier zu fangen und vor seiner Freilassung zu besendern, so dass der Aufenthaltsort jederzeit ermittelt werden könne. Dann könnte die Vergrämung noch konsequenter und zielgenauer durchgeführt und bei etwa auftretenden Konflikten sofort eingegriffen werden.
Der erste Braunbär in Deutschland zeigt auch, dass Landbewirtschafter und Öffentlichkeit nicht auf das Einwandern der Petze eingestellt sind. Da es nach Angaben von EuroNatur sicher nicht der letzte Bär sei, der über die Grenze komme und die bayerischen Alpen auch ein geeigneter Lebensraum für Braunbären sei, müsse man sich hier besser auf die Rückkehr der faszinierenden Wildtiere einstellen. EuroNatur fordert daher von der bayerischen Landesregierung und der Bundesregierung, dass ein effizientes Bären-Management aufgebaut und die Erarbeitung eines Bären-Managementplans begonnen wird. Gabriel Schwaderer erläutert den Sinn eines solchen Managementplans: "Wichtig ist, dass in die Entwicklung eines Managementplans Landnutzer und Naturschützer gleichermaßen einbezogen werden. Geregelt werden muss dabei auch, wie geeignete Schutzmaßnahmen für Schafherden und Bienenstöcke umgesetzt und wie möglicherweise trotzdem auftretende Schäden ausgeglichen werden können."
Aufgrund der sehr langen Abwesenheit von Bär, Wolf und Luchs werden Schafe nicht ausreichend gegen Angriffe von Wildtieren geschützt. Dies sei aber nach Aussagen von EuroNatur nötig und möglich, wie viele Beispiele auf internationaler Ebene zeigen. Auch Bienenstöcke können wirkungsvoll mit Elektrozäunen geschützt werden. Man dürfe aber die Landbewirtschafter mit der Umsetzung dieser Maßnahmen nicht alleine lassen. Fachkundige Beratung ist erforderlich und die Kosten und Lasten, die mit der Prävention verbunden seien, müssten von der gesamten Gesellschaft getragen werden. EuroNatur plädiert zudem seit langem dafür, in Deutschland Managementpläne nicht nur für Bären, sondern auch für Wolf und Luchs zu entwickeln.
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