Albanien: Vjosa Nationalpark statt Staudämme

Wildfluss mit Kiesbänken, der aus dem Gebirge fließt

Flussabschnitt der Vjosa nahe Tepelena

© Romy Durst
Teilnehmer der Pressekonferenz auf der Insel der Vjosa mit Transparent

Ca. 70 Personen nahmen an der Pressekonferenz auf der Insel der Vjosa teil. Darunter auch die Bürgermeister der Anrainerstädte Qesarat, Permet und Tepelena.

© Spiros Lena

Europas letzter großer Wildfluss soll Nationalpark werden

Gemeinsame Presseinformation von EuroNatur und Riverwatch vom 8. Mai 2014


Tepelena, Radolfzell, Wien.   In Albanien fand heute eine ungewöhnliche Pressekonferenz statt. Auf einer Kiesinsel der Vjosa - des letzten großen Wildflusses Europas -  kamen Vertreter internationaler und nationaler Umweltorganisationen, Bürgermeister und Geschäftsleute zusammen, um gemeinsam einen Vorschlag zur Rettung der Vjosa vorzustellen: Die geplanten Wasserkraftwerke sollen gestoppt und Europas letzter großer Wildfluss stattdessen zum Nationalpark erklärt werden.

„Wir fordern die albanische Regierung auf, an der Vjosa einen Nationalpark einzurichten. Vom Vjosa Nationalpark würden nicht nur die Natur, sondern auch die Menschen vor Ort profitieren. Die Vjosa darf nicht Staudämmen zum Opfer fallen“, sagt Kujtim Mersini, Geschäftsführer der albanischen Naturschutzorganisation Protection and Preservation of Natural Environment in Albania (PPNEA) und Organisator der Veranstaltung.


Neben seiner außergewöhnlichen Schönheit wurde der Ort für die Pressekonferenz auch aus einem weiteren Grund gewählt. Das Flusstal nahe der Stadt Tepelena würde überflutet, sollte der nur wenige Kilometer entfernt geplante Kalivac-Damm tatsächlich fertiggestellt werden. Ein italienisches Unternehmen hat bereits mit dem Bau des Damms begonnen, die Deutsche Bank hatte Gelder zur Verfügung gestellt. Doch seit vier Jahren ruhen die Bauarbeiten. Für die Organisationen ist das ein Hoffnungsschimmer im Wettlauf gegen die Zeit.

Die Vjosa ist einer der letzten großen Wildflüsse Europas. Im gesamten Flussverlauf von ihrer Quelle in den griechischen Bergen bis zur Adria, auf einer Strecke von insgesamt über 270 Kilometern, fließt sie ungezähmt und frei. Mit ihren Zuflüssen bietet die Vjosa ein dynamisches Flusssystem, das in Europa seinesgleichen sucht. Doch dieser Naturschatz ist in höchster Gefahr. Albanien plant den Bau von acht größeren Staudämmen an der Vjosa. Dazu kommen noch zahlreiche kleinere Dämme an den Zuflüssen.

„Diese geplanten Projekte beruhen auf einer extrem schwachen Datengrundlage. Keine der Voruntersuchungen über die Auswirkungen der Vorhaben wurde gemäß international anerkannten Standards durchgeführt“, kritisiert Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer der Naturschutzstiftung EuroNatur.  

Die Vjosa ist einer der letzten nahezu unerforschten Flüsse in Europa. Bis heute gibt es kaum Studien über den Fluss. Aber die wenigen vorhandenen Untersuchungen unterstreichen die Bedeutung der Vjosa als das Zentrum der aquatischen Vielfalt in Albanien. „Insbesondere für zahlreiche seltene Fischarten ist die Vjosa als Lebensraum von unschätzbarer Bedeutung“, bestätigt Spase Shumka, einer der führenden Wissenschaftler Albaniens.

„Für viele Menschen in Albanien mag die Vjosa nur ein ganz normaler Fluss sein. Aus internationaler Perspektive ist sie jedoch etwas ganz außergewöhnliches. Selbst viele Süßwasser-Experten haben bisher keine Ahnung, dass ein Fluss mit einer derartig hohen ökologischen Güte in Europa immer noch existiert. Von der Einrichtung des Nationalparks würden nicht nur Albanien, sondern auch Europa und die gesamte Welt profitieren“, sagt Ulrich Eichelmann, Geschäftsführer von Riverwatch.

„Wir leben mit dem Fluss. Wir wollen die Vjosa so wie sie ist am Leben halten und sind zuversichtlich, dass unsere Gemeinde von einem Nationalpark profitieren wird. Staudämme schaffen keine Arbeitsplätze für uns Anrainer, ein Nationalpark jedoch schon. Wir unterstützen die Idee eines Vjosa Nationalparks“, so Hysnis Cela, Bürgermeister des Dorfes Qeserat nahe Tepelena.


Hintergrundinformationen:

  • Die Staudämme an der Vjosa sind nur ein Teil einer wahren Staudammflut, die derzeit den Flüssen auf der Balkanhalbinsel drohen. Mehr als 570 Wasserkraftwerke (> 1 MW) zwischen Slowenien und Albanien sind derzeit geplant. Um der Zerstörung entgegen zu wirken, haben EuroNatur und Riverwatch gemeinsam mit Partnern aus den Balkanländern die internationale Kampagne „Rettet das Blaue Herz Europas“ gestartet.  


Rückfragen:
•    EuroNatur: Ansprechpartnerin: Romy Durst, Pressekontakt: Angie Rother
Tel: 0049 7732  92 72 24. Konstanzer Str. 22, 78315 Radolfzell.
Fax: 0049 07732 92 72 22, info@euronatur.org, www.euronatur.org,

•    Riverwatch: Ulrich Eichelmann, Tel: 0043 676 6621512, ulrich.eichelmann@riverwatch.eu; Cornelia Wieser – 0043 650 4544784, Neustiftgasse 36, 1070 Wien www.riverwatch.eu
 

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