EuroNatur-Preis 2014 geht an tschechische Naturschützer
Pressemitteilung vom 10. Juli 2014
Radolfzell. Im November jährt sich der Fall des Eisernen Vorhangs zum 25. Mal. Passend zu diesem Jubiläum wird die Naturschutzstiftung EuroNatur die tschechische Umwelt- und Naturschutzorganisation Hnutí Duha (Friends of the Earth Tschechien) mit dem EuroNatur-Preis 2014 auszeichnen. „Hnutí Duha setzt sich seit zwei Jahrzehnten vorbildlich für den Schutz des Nationalparks Böhmerwald ein. Ihr Beitrag zum Erhalt der Naturwerte entlang des ‚Grünen Bandes Europa‘ ist beispielhaft und ihr internationales Verständnis von zivilgesellschaftlichem Engagement vorbildlich“, begründet EuroNatur-Präsidentin Christel Schroeder die Wahl.
Der Böhmerwald (tschechisch: Šumava) ist ein etwa 200 Kilometer langes Mittelgebirge entlang der deutsch-tschechisch-österreichischen Grenze. Während des Kalten Krieges verlief durch den heutigen Nationalpark Böhmerwald der Eiserne Vorhang. In diesem ehemaligen Sperrgebiet konnte sich die Natur über Jahrzehnte fast ungestört entwickeln. Heute finden in dem Mosaik aus uralten Bergfichtenwäldern, Mooren und blumenreichen Wiesen bedrohte Arten wie Luchs, Elch, Dreizehenspecht und Auerhuhn Lebensraum. Zusammen mit dem Nationalpark Bayerischer Wald gehört der Nationalpark Böhmerwald zu den größten Wildnisgebieten Mitteleuropas und ist ein wesentliches Teilstück des „Grünen Bandes Europa“, das wertvolle Biotope entlang des einstigen Eisernen Vorhangs miteinander verbindet.
Hnutí Duha setzt sich dafür ein, den Böhmerwald als eines der letzten Wildnisgebiete unseres Kontinents zu erhalten. Für dieses Ziel mobilisiert Hnutí Duha die nationale und internationale Öffentlichkeit. Dabei arbeitet die tschechische Organisation eng mit deutschen Naturschützern, wie dem BUND Naturschutz in Bayern, zusammen. Denn obwohl auf dem Papier seit 1991 als Nationalpark geschützt, sind die Naturschätze von Šumava bedroht. Die Kernzone des Nationalparks wurde im Laufe der Jahre immer weiter zersplittert und verkleinert. Außerdem fehlt bis heute – anders als im Nationalpark Bayerischer Wald – eine verbindlich festgelegte Zonierung. So reduzierte die 2011 neu eingesetzte Nationalparkleitung die Kernzone weiter und veranlasste, auch in ökologisch sensiblen Bereichen gegen den Borkenkäfer vorzugehen.
Umweltaktivisten von Hnutí Duha blockierten die Baumfällarbeiten und sorgten mit einer breit angelegten Unterschriftenkampagne für internationale Aufmerksamkeit. Die Räumung der Baumbesetzer durch die Polizei unter Anwendung von Gewalt erzeugte große und über die Grenzen reichende Betroffenheit. Im Nachhinein bestätigten tschechische Gerichte, dass die Eingriffe von Nationalparkverwaltung und Polizei illegal waren. Aktuell ist ein Gesetzesvorhaben in Planung, das den Nationalparkgedanken völlig ad absurdum führt. Unter anderem sollen Holznutzung und Jagd auf der überwiegenden Fläche des Parks dauerhaft erlaubt sowie der Bebauung Tür und Tor geöffnet werden.
„Ein friedvolles Europa wird nur eine Zukunft haben, wenn wir auch für den Schutz unseres europäischen Naturerbes sorgen. Hnutí Duha verwirklicht die friedensstiftende Idee der Initiative ‚Grünes Band Europa‘ in vorbildlicher Weise“, sagt Christel Schroeder.
Hintergrundinfos:
- EuroNatur-Preis: Frühere Preisträger sind u.a. Dr. Ernst Paul Dörfler, Prof. Dr. Klaus Töpfer, Prinz Charles, Michail Gorbatschow, Luc Hoffmann und Dr. Hans Bibelriether. Der EuroNatur-Preis ist undotiert. Mit ihm werden herausragende Leistungen für den Naturschutz gewürdigt. Der EuroNatur-Preis 2014 wird am 8. Oktober 2014 um 17 Uhr auf der Bodenseeinsel Mainau an Hnutí Duha verliehen.
- Mehr zur Initiative „Grünes Band Europa“
- Šumava ist nicht nur durch die tschechische Gesetzgebung, sondern auch auf europäischer Ebene gemäß der Vogelschutz-Richtlinie und der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie geschützt.
- Hnutí Duha (Deutsch: „Bewegung Regenbogen“, Friends of the Earth Tschechien) ist eine der führenden Naturschutzorganisationen in Tschechien. Weitere Themenschwerpunkte der Organisation sind Klimaschutz, Erneuerbare Energien und Umweltschutzpolitik.
Rückfragen und Interviewpartner:
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