Proteste gegen KELAG-Staudammbau am Huchenfluss

Protest am Ufer und in Kajaks

Rettet die Sana – Stoppt KELAG: Unter dem Motto protestierten am Samstag etwa 200 Personen an der Sana in Bosnien-Herzegowina.

© Jan Pirnat

Tag 8 der Balkan Rivers Tour: 200 Menschen protestierten gegen Staudammbau an der Sana in Bosnien-Herzegowina

 

Gemeinsame Pressemitteilung von EuroNatur, Riverwatch und Center for Environment vom 25. April 2016


Ribnik, Wien, Radolfzell.  Eine internationale Allianz aus 200 Kajakfahrern, Anglern, Anrainern und Naturschützern demonstrierten am Samstag an der Sana in Bosnien-Herzegowina für den Schutz des Flusses und gegen das im Bau befindliche Wasserkraftwerk „Medna“. Dessen Bauherr ist die KELAG, ein österreichisch-deutsches Energieunternehmen. Die Sana ist einer der letzten verbliebenen Flüsse in Europa mit einem gesunden Bestand an Huchen (Hucho hucho), einer global bedrohten und bei Anglern beliebten Fischart. „Wir werden die Sana und den Kampf gegen die KELAG nicht aufgeben“, sagt Nataša Crnković, von Center for Environment – eine Organisation, die  gemeinsam mit 22 weiteren Organisationen der „Koalition Sana“ seit sieben Jahren versucht, das Projekt zu verhindern. Gerichtsverfahren gegen das Projekt laufen.

Die Teilnehmer der Protestaktion kamen aus Bosnien-Herzegowina, Deutschland, Österreich, Slowenien, Italien und Kroatien. Auch zahlreiche Anrainer beteiligten sich daran. „99 Prozent der Anrainer sind gegen das KELAG Projekt, aber wir wurden nicht gefragt“, sagt Ljubomir Lisica, betroffener Anwohner der Sana.

Das Projekt „Medna“ soll 90 Prozent des Wassers aus dem bislang unberührten Tal der Sana in Pipelines ableiten, um weiter flussabwärts dann Strom zu erzeugen. Die Umweltverträglichkeitsstudie (UVP) für das Projekt hatte die gravierenden Folgen auf Natur und Landschaft hervorgehoben. Zitat aus der UVP des “Institut für Tiefbau von Banja Luka” (Institut za građevinarstvo Banja Luka): "Die geplante Wasserzufuhr am Eingang der Sana-Schlucht verursacht eine schwere Verletzung des ökologischen und landschaftlichen Wertes.“ Doch die Umweltbehörde sowie die KELAG ignorierten diese Kritik. Seit September 2014 ist das Projekt im Bau, ohne Rücksicht auf Huchen, Forellen, Otter oder andere seltene Arten. Weitere Dämme sind an der Sana flussabwärts geplant.

„Was sich die KELAG an einem der wichtigsten Huchenflüsse leistet ist beschämend. Weder in Deutschland noch in Österreich käme sie damit durch“, so Ulrich Eichelmann, Koordinator der Kampagne „Rettet das Blaue Herz Europas“ bei Riverwatch.

Nach Recherchen von Riverwatch wurden allein in Österreich mit Unterstützung der EU seit 1999 etwa 45 Millionen Euro in die Renaturierung von Flüssen mit Huchenvorkommen investiert. Das heißt, Wehre und Uferverbauungen wurden beseitigt und den Flüssen wieder mehr Raum gegeben.

„Bosnien-Herzegowina hat die schönsten Flüsse Europas. Flüsse wie die Sana, die Una oder die Neretva sind einzigartig. Angler, Kajakfahrer, Naturschützer - wir müssen uns alle zusammentun, um den Staudammwahn hier und auf dem gesamten Balkan zu verhindern“, so Rok Rozman, Organisator der Balkan Rivers Tour. Im Anschluss an ein Protestpicknick fuhren die Kajakfahrer vorbei an der Kraftwerksbaustelle die Sana hinab.

Die Protestaktion war Teil der Balkan Rivers Tour,  bei der Kajakfahrer aus verschiedenen Ländern Europas 35 Tage lang die schönsten und am stärksten bedrohten Flüsse des Balkans befahren, um auf den drohenden Staudamm Tsunami aufmerksam zu machen. Unter der Leitung von Rok Rozman, einem ehemaligen slowenischen Olympioniken, war die Tour am 16. April auf der Save in Slowenien gestartet. Sie endet am 20. Mai in Tirana/Albanien.


Hintergrundinformationen

  • Der Huchen (Hucho hucho) oder auch Donaulachs genannt, ist eine der populärsten und seltensten Fischarten unserer Breiten. Er kann bis zu 1,5 Meter lang werden und kommt in frei fließenden und sauerstoffreichen Flüssen vor – ausschließlich im Donauraum. Infolge von Flusseinstau und -verschmutzung sind seine Bestände in Deutschland, Österreich, der Slowakei, in Rumänien und Bulgarien bis auf wenige Reste zusammengeschrumpft. Die Balkanflüsse sind das letzte große Hoffnungsgebiet für das Überleben dieser Art. Doch 93 Wasserkraftwerke sind in diesen Huchenflüssen geplant. Werden sie gebaut, so würde der Bestand laut Experten um mindestens 70 Prozent abnehmen. Mit dem Projekt „Medna“ befindet sich das erste Kraftwerk in einer Huchenstrecke im Bau.  Mehr Informationen zum Huchen.
  • Die Eigentümer der Kelag (Kärntner Elektrizitäts-Aktien Gesellschaft) sind neben dem Bundesland Kärnten der österreichische Verbundkonzern sowie die deutsche RWE (Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk AG). An der Sana baut die Kelag unter dem Firmennamen "Interenergo" mit Sitz in Ljubljana/Slowenien. Die Interenergo ist zu 100 Prozent im Eigentum der KELAG.
  • Die Balkan Rivers Tour findet im Rahmen der Kampagne „Rettet das Blaue Herz Europas“ statt, die von Riverwatch und EuroNatur ins Leben gerufen wurde, um die Balkanflüsse vor der drohenden Zerstörung durch den Ausbau der Wasserkraft zu schützen. Die Tour selbst ist eine gemeinsame Initiative von EuroNatur, Riverwatch, WWF Adria und dem Leeway Collective und wird von Patagonia, der Mava-Stiftung und der Manfred-Hermsen-Stiftung gefördert.


Interviewpartner und Rückfragen:

Nataša Crnković (Center for Environment), natasa.crnkovic(at)czzs.org, +387 65 604438
Ulrich Eichelmann (Riverwatch), ulrich.eichelmann(at)riverwatch.eu, +43 676 662 1512
Cornelia Wieser (Riverwatch), cornelia.wieser(at)riverwatch.eu, +43 650 4544784
Katharina Grund (EuroNatur), katharina.grund(at)euronatur.org, +49 7732 9272 10
Theresa Schiller (EuroNatur), theresa.schiller(at)euronatur.org,  +49 7732 9272 12
Rok Rozman (Leeway Collective), rok(at)leeway-collective.org,   +386 51 421 303
 

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