Die „Tapferen Frauen von Kruščica“ erringen Sieg gegen den Bau eines Wasserkraftwerks

Frauen blockieren seit über 300 Tagen Baustelle in Bosnien-Herzegowina - Gericht hebt Baugenehmigung auf

Die "Tapferen Frauen von Kruščica" auf der Brücke

Die "Tapferen Frauen von Kruščica" blockieren seit über 300 Tagen eine Brücke über ihren Fluss, um den Bau eines Wasserkraftwerks zu verhindern.

© Andrew Burr

Radolfzell, Wien.  Seit mehr als 300 Tagen und Nächten besetzen Frauen im bosnischen Bergland nahe der Ortschaft Kruščica eine Brücke und verhindern so den Bau eines Wasserkraftwerks. Diese Woche erreichten sie vor Gericht einen großen Erfolg. Das Kantonsgericht von Novi Travnik annullierte die Baugenehmigung. Damit wäre ein Beginn der Bauarbeiten ab sofort rechtswidrig. Grund für das Urteil waren Formfehler im Genehmigungsverfahren. Nach Überzeugung des Gerichts wurde die betroffene Bevölkerung im Verfahren weder ausreichend informiert noch angehört.

Die Frauen bewachen und blockieren seit August 2017 die Zufahrt zur Baustelle, eine Brücke.  Bekanntheit erlangten sie als die „Tapferen Frauen von Kruščica“, weil sie sich einem Räumungsversuch durch die Polizei widersetzten. Einige wurden dabei sogar verletzt. Durch den jüngst erschienenen Dokumentarfilm „Blue Heart“ wurden diese Frauen auch international bekannt. Der vom Outdoor-Unternehmen Patagonia produzierte Film zeigt die Schönheit der Balkanflüsse, ihre Bedrohung durch Wasserkraftprojekte und die Menschen, die für den Schutz dieser Flüsse kämpfen. 

Tahira Mika Tibold, Präsidentin der Gemeinde Kruščica: „Wir sind glücklich, dass das Gericht die Genehmigung aufgehoben hat. Die internationale Aufmerksamkeit hat sicherlich geholfen, diese Entscheidung zu erwirken. Wir feiern jetzt erst einmal, aber wir bleiben auf der Brücke und zwar solange, bis das Wasserkraftwerksprojekt endgültig beendet und unser Fluss geschützt ist.“

Im Rahmen der Kampagne „Rettet das Blaue Herz Europas“ zum Schutz der Balkanflüsse erfahren die Frauen von Kruščica internationale Unterstützung. Ulrich Eichelmann von Riverwatch: „Die Frauen von Kruscica sind für mich Heldinnen. Nun ist die Politik im Kanton Mittel Bosna gefragt, um dieses unselige Projekt endgültig zu beenden und die Konzession für dieses Kraftwerk zu löschen. Erst dann werden die Frauen die Brücke verlassen.“ Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer von EuroNatur: „Ein sehr großer Teil aller Wasserkraftwerksplanungen auf dem Balkan verstößt gegen geltendes nationales und internationales Recht. Das Urteil, das die Frauen von Kruščica erreicht haben, ist ein weiterer Beleg dafür. Wir fordern die EU-Kommission dringend dazu auf, von den EU-Beitrittskandidaten zu verlangen, dass die Genehmigungsverfahren für große Infrastrukturprojekte künftig rechtsstaatlichen Normen entsprechen.“

Ryan Gellert, General Manager, EMEA, Patagonia: „Das Urteil zeigt, was wir als engagierte Bürger erreichen können, wenn wir unsere Stimme erheben und die Menschen vor Ort dabei unterstützen, ihre Flüsse und Gemeinden zu schützen. Gemeinsam können wir wichtige Entscheidungen beeinflussen. Der Kampf ist natürlich noch nicht vorüber, denn auf den Balkan rollt nach wie vor ein Staudamm-Tsunami zu. Mehr als 3.000 zerstörerische Wasserkraftprojekte sind geplant. Dennoch, dieser Erfolg an der Kruščica zeigt einmal mehr die Kraft von öffentlicher Unterstützung.“  

 

Aktuelles aus Albanien:

Auch in Albanien wurden kürzlich Wasserkraftwerke gerichtlich gestoppt: Ein albanisches Berufungsgericht hat am 6. Juni 2018 entschieden, dass alle Bauarbeiten an Wasserkraftwerken im Valbona-Nationalpark sofort gestoppt werden müssen. Das Gericht hat den Baustopp mit Unregelmäßigkeiten bei der Erstellung der Umweltverträglichkeitsprüfung und bei der Beteiligung der Öffentlichkeit begründet. Mit einer ähnlichen Argumentation hat das Verwaltungsgericht in Albanien bereits im Mai 2017 den Bau eines Wasserkraftwerks an der Vjosa – einem der letzten wilden Flüsse Europas – gestoppt.

 

Hintergrundinformationen:

  • Kampagne zur Rettung der Balkanflüsse: Ungefähr 3.000 neue Wasserkraftwerke sind derzeit zwischen Slowenien und Albanien in Planung oder im Bau. Um dieser Welle der Zerstörung entgegenzutreten, haben EuroNatur und Riverwatch zusammen mit lokalen Partnern in den Balkanländern die Kampagne „Rettet das Blaue Herz Europas“ ins Leben gerufen. 
  • Über Patagonia: Das im Jahr 1973 von Yvon Chouinard  gegründete Outdoor-Unternehmen mit Sitz in Ventura, Kalifornien, ist international für sein Engagement für den Umweltschutz bekannt. Den Balkanflüssen widmet Patagonia sogar eine eigene Webseite. 

 

Rückfragen:

Katharina Grund  – EuroNatur – katharina.grund@euronatur.org – 0049 7732 927210

Ulrich Eichelmann – Riverwatch – ulrich.eichelmann@riverwatch.eu - 0043 676 6621512

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