EuroNatur fordert sofortigen Schutz des international bedeutenden Feuchtgebiets
Presseinformation vom 25. Februar 2015
Radolfzell. Jetzt beginnt wieder der Vogelzug. Für zahlreiche Enten- und Wasservogelarten zählt die 1.500 Hektar große Saline Ulcinj in Montenegro zu den wichtigsten Rastplätzen auf ihrer Reise durch den Mittelmeerraum. Doch es könnte das letzte Mal sein, dass Knäkenten und Löffler sowie viele Limikolenarten dort eine überlebenswichtige Rast einlegen können, um ihre Energiereserven aufzutanken. Denn das wertvolle Naturerbe der Saline Ulcinj droht dem Massentourismus zum Opfer zu fallen. Damit würde zudem eines der bedeutendsten Brutgebiete an der östlichen Adria verloren gehen. „Derzeit müssen wir die schleichende Zerstörung eines der wichtigsten Feuchtgebiete im Mittelmeerraum beobachten und niemand unternimmt etwas dagegen. Wir erwarten von der Regierung Montenegros die Einlösung ihrer nationalen und internationalen Zusagen, die Naturwerte der Saline Ulcinj zu schützen“, sagt Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer der international tätigen Naturschutzstiftung EuroNatur. „Ein phantastischer Teil des europäischen Natur- und Kulturerbes soll der Gier einiger Weniger geopfert werden.“
EuroNatur geht davon aus, dass die Salzgewinnung in der Saline Ulcinj gezielt unmöglich gemacht werden soll. Der Salinenbetrieb steht nicht im Widerspruch mit dem Naturschutz. Im Gegenteil: Erst durch die jährliche Überflutung und das anschließende, langsame Trockenfallen der Verdunstungsbecken entstehen die günstigen Brut-, Rast- und Überwinterungsbedingungen für Wasser- und Watvögel. Fällt der Salinenbetrieb weg, wird die Saline als Vogelschutzgebiet drastisch entwertet. Das wiederum verbessert die Chancen für die erwünschte Überbauung des Gebiets. Entstehen sollen eine Marine, große Hotelkomplexe und eine Bungalowsiedlung.
Die Eigentums- und Nutzungsverhältnisse in der Saline Ulcinj sind undurchsichtig. Die ehemalige Staatsfirma Solana „Bajo Sekuli?“ AD Ulcinj wurde im Jahr 2005 vom Unternehmen Eurofonds gekauft. Im Jahr 2012 wurde Solana „Bajo Sekuli?“ AD Ulcinj insolvent. Ob Eurofonds seinerzeit für 800.000 Euro nur die Staatsfirma Solana „Bajo Sekuli?“ AD Ulcinj mit den Nutzungsrechten für die Salzgewinnung in der Saline oder die gesamten Eigentumsrechte für das 1.500 Hektar große Gebiet erworben hat, wird derzeit vor Gerichten in Montenegro geklärt. Dennoch hat das Unternehmen und seit 2012 auch der Insolvenzverwalter bereits elfmal versucht, die Saline für Beträge zwischen 179 und 256 Millionen Euro zu verkaufen. „Solche Preisvorstellungen lassen sich nur rechtfertigen, wenn es künftig eben nicht um die Salzgewinnung, sondern um eine Tourismusentwicklung im großen Stil gehen soll“, sagt Gabriel Schwaderer. Hierzu passt auch, dass das Management der Firma Solana „Bajo Sekuli?“ AD Ulcinj seit Übernahme der Saline keinerlei Mittel mehr in das Geschäft der Salzgewinnung investiert hat. Im letzten Jahr wurden große Pumpen gestohlen und zerstört. Auch der Insolvenzverwalter hat dieser Sabotage tatenlos zugesehen.
Zwar haben Regierung und Parlament in Montenegro bereits im Jahr 2012 beschlossen, dass die Saline Ulcinj unter Schutz gestellt wird. Passiert ist bisher aber nichts. Stattdessen hat sich der Zustand des Naturjuwels mehr und mehr verschlechtert. Obwohl die Saline Ulcinj nach der Ramsar-Konvention ein Feuchtgebiet internationaler Bedeutung ist und Montenegro diese Konvention gezeichnet hat, steht die Saline Ulcinj immer noch nicht auf der Liste der Ramsar-Gebiete. Zudem erfüllt die Saline Ulcinj die Kriterien als Vogelschutzgebiet der Europäischen Union. EuroNatur fordert den EU-Beitrittskandidaten Montenegro dringend auf, zu verhindern, dass die Saline Ulcinj bis zu einem möglichen EU-Beitritt des Landes völlig zerstört ist. Außerdem hat die Stiftung der montenegrinischen Regierung erneut in mehreren Schreiben nahegelegt, die Saline Ulcinj umgehend unter Schutz zu stellen und ein Management sicherzustellen, welches die Bedingungen für durchziehende und in der Saline brütende Vogelarten verbessert. Nach Auffassung von EuroNatur kommt die Regierung Montenegros ihren internationalen Naturschutzverpflichtungen in keiner Weise nach. Umso wichtiger ist es, dass sich die EU-Kommission und die EU-Mitgliedsstaaten in die Rettung der Saline Ulcinj einschalten.
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