EuroNatur empfiehlt Konsequenzen aus thüringischem Skandal
Presseinformation vom 7. März 2003
Radolfzell. Für eine massive Verstärkung der Kontrollen im Futtermittelbereich hat sich jetzt die Umweltstiftung EuroNatur ausgesprochen. Der jüngste Dioxinskandal in Thüringen habe einmal mehr bewiesen, wie wenig verantwortungsvoll manche Futtermittelhersteller handeln und wie leichtfertig einige Behörden mit Bewilligungen umgehen. Die Kontrolleure vor Ort hätten es extrem schwer, darauf zu reagieren. Recherchen des ZDF Umweltmagazins haben gezeigt, dass es für die Kontrolleure oftmals einem Stochern im Nebel gleichkommt, um zufällig auf Belastungen zu stoßen.
Da fast alle Skandale im Agrarbereich ihren Ursprung in belasteten industriellen Futtermitteln haben, sei es zunächst zwingend notwendig, möglichst keine Gelegenheiten für Belastungswege zu schaffen. Es sei ein Unding, dass es beispielsweise dem thüringischen Futtermittelhersteller erlaubt gewesen sei, seine Trocknungsanlage mit behandeltem Holz zu betreiben. "Dass Abfallbeseitigung und Lebensmittelherstellung unvereinbar sind, müsste sich auch schon bis nach Thüringen herumgesprochen haben", sagte der umweltpolitische Direktor von EuroNatur, Lutz Ribbe. Gleichzeitig müsse den schwarzen Schafen unter den Futtermittelherstellern durch intensivere und gezieltere Kontrollen und Auflagen das Handwerk gelegt werden.
Darüber hinaus müsste endlich eine Agrarpolitik etabliert werden, welche die Abhängigkeit der Bauern von der Futtermittelindustrie reduziere. Der von Kanzler Schröder während der BSE-Krise geprägte Slogan "Weg mit den Agrarfabriken" solle endlich mit Leben erfüllt werden. EuroNatur-Agrarexperte Lutz Ribbe erinnert daran, dass Betriebe, die in bäuerlicher Form ihre Futtermittel im eigenen Betrieb herstellen, von den Skandalen nicht betroffen seien. Weil aber die eigene Futterproduktion häufig unrentabel sei, würden deshalb billige Industriefuttermittel eingesetzt. Mittlerweile stamme mehr als 60% des Tierfutters von der Industrie, nur rund 40% würden noch in den eigenen Betrieben hergestellt. Durch veränderte Rahmenbedingungen sollte aber die bäuerliche Kreislaufwirtschaft endlich wieder in den Mittelpunkt der Agrarpolitik gerückt werden. Dadurch könnten nicht nur die Gefahren für Bauern und Verbraucher reduziert, sondern auch der Umwelt neue Perspektiven aufgezeigt werden. Die Vorschläge von Agrarkommissar Fischler zur Agrarreform würden hingegen leider in die falsche Richtung weisen. Ihre Umsetzung werde beispielsweise dazu führen, dass die Milchproduktion immer mehr aus den Grünlandstandorten der Mittelgebirge abwandere.
Die Bilder von Gras fressenden Kühen könnten bald der Vergangenheit angehören. So würden jedenfalls nur neue Probleme geschaffen, statt die existierenden zu lösen.
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