Neue Studie: Subventionen für Wasserkraft am Westbalkan verwüsten die Umwelt und fließen in die Taschen einiger weniger

Kleinwasserkraftwerke erhalten in den Staaten des Westbalkans unverhältnismäßig hohe öffentliche Subventionen. Die Folgen sind große Umweltzerstörung sowie Profit für wohlhabende Geschäftsleute im Umfeld der Regierungen dieser Staaten. Der Beitrag zur Energieversorgung ist hingegen sehr gering. Dies sind die Kernergebnisse einer Studie von CEE Bankwatch Network, die heute der Öffentlichkeit präsentiert wird.

Kraftwerkbaustelle an der Valbona mit Zufahrtsstraße, Fahrzeugen und Menschen.

Kraftwerksbau an der Valbona in Albanien: Auch Nationalparke bieten keinen Schutz vor Wasserkraftwerken.

© Mirjan Aliaj

Brüssel, Radolfzell, Wien, Prag, Zagreb. Angetrieben von großzügigen, staatlich gestützten Einspeisetarifen, die den EU-Leitlinien über Staatsbeihilfen für Umweltschutz und Energie widersprechen, vervierfachte sich die Zahl der Wasserkraftwerke mit weniger als 10 MW Leistung in Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien zwischen 2009 und 2018 von 108 auf mindestens 488 Anlagen.

Während die Entwicklung der Solar- und Windkraft im Schneckentempo verlief, flossen nicht weniger als 70% der Beihilfen für die erneuerbare Energie in dieser Region an (Klein)Wasserkraft. Trotz all dieser Unterstützung trägt die Wasserkraft nur zu 3,6% der gesamten Energieerzeugung bei.

Der Boom dieser Wasserkraftwerke hat in vielen Teilen des Westbalkans für Empörung in der Bevölkerung gesorgt. Flüsse und Bäche, oft in Schutzgebieten und anderen ökologisch wertvollen Regionen, z.B. im serbischen Stara-Planina-Naturpark oder im Nationalpark Valbona-Tal in Albanien, werden aufgestaut oder über Rohre abgeleitet. Zurück bleiben trockene Flussbetten sowie Gemeinden, die ihre zentrale Wasserquelle verloren haben.

Außerdem haben die Förderprogramme in der Bevölkerung an Glaubwürdigkeit verloren, da die Profiteure oft gut vernetzte Geschäftsleute waren. Ein paar Beispiele:
• Kočo Angjušev, der für Wirtschaft zuständige Vizepremier Nordmazedoniens, besitzt mindestens 27 Kleinwasserkraftwerke; auch der Vorsitzende der größten Oppositionspartei, Hristijan Mickoski, verfügt über mindestens fünf Konzessionen.
• In Serbien gehören Unternehmen im Umfeld von Nikola Petrović, dem Trauzeugen von Präsident Aleksandar Vučić, zu den Hauptnutznießern der Wasserkraftförderung.
• Das Fördersystem für Erneuerbare in Montenegro ist überwiegend Personen zugutegekommen, die ein nahes Verhältnis zu Präsident Milo Đukanović haben.

Pippa Gallop, CEE Bankwatch Network (Hauptautorin des Berichts) fordert: „Es ist höchste Zeit, die Subventionen für Wasserkraft am Balkan einzustellen. Die Wahrnehmung, dass diese Förderprogramme die Wohlhabenden begünstigen und die Umweltzerstörung vorantreiben, gefährdet die gesamte Akzeptanz der Bevölkerung für einen Umstieg auf ein erneuerbares und effizientes Energiesystem. Es muss daher auch von den bisher säumigen Staaten [1] ein transparenteres Schema eingeführt werden, das auf Auktionen und Prämien basiert, um leistbare und verhältnismäßige Anreize zu gewährleisten.“

Ulrich Eichelmann, Geschäftsführer von Riverwatch sagt: „Die Subventionen für die Wasserkraft sind eine wesentliche Triebfeder für Umweltzerstörung und soziale Konflikte in dieser Region. Und dabei erzeugt sie nicht einmal eine nennenswerte Menge an Energie. Die Regierungen müssen die Anreize für auslaufende Technologien wie die Wasserkraft beenden. Nur Technologien, die sich noch weiterentwickeln und deren Kosten weiter zurückgehen werden, wie Sonnen- oder Windenergie, verdienen Unterstützung.“

Petra Remeta, Naturschutz-Programmleiterin von WWF Adria betont: „Die Staaten des Westbalkans haben sich verpflichtet, EU-Regeln für Subventionen anzuwenden, indem sie den Vertrag zur Gründung der Energiegemeinschaft unterzeichnet sowie Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der EU abgeschlossen haben. Wir rufen daher die EU-Kommission und die Energiegemeinschaft dazu auf, für die Einhaltung dieser Regeln zu sorgen, die Nachhaltigkeitskriterien enthalten und zu einem Ende der geförderten Flusszerstörung beitragen würden.“

Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer von EuroNatur sagt: „Bestehende Einspeiseverträge für Kleinwasserkraftwerke müssen überprüft werden, wenn sie noch mehrere Jahre gültig sind. Jeder Einspeisevertrag, der Anreize gewährt hat, ohne dass alle gesetzlichen Bedingungen erfüllt waren oder für den die Umweltgenehmigungen abgelaufen sind, muss aufgehoben werden“.

Anmerkungen: [1] Montenegro lässt die Förderungen für alle Formen erneuerbarer Energie auslaufen. In Albanien wurde Anfang 2017 ein Gesetz angenommen, das ein Auktionssystem für größere Kraftwerke ab 2020 vorsieht. Auch Nordmazedonien setzte Schritte in Richtung eines Auktionssystems, beließ aber die Einspeisetarife für Wasserkraft, die dadurch einen unfairen Wettbewerbsvorteil gegenüber Solar- und Windkraft hat. In den anderen Westbalkanstaaten – Serbien, Bosnien-Herzegowina und Kosovo – stehen substantielle Änderungen im Förderregime für erneuerbare Energie noch aus.

Der Bericht zum Download: https://bankwatch.org/wp-content/uploads/2019/09/who-pays-who-profits.pdf

Rückfragen:
Anja Arning, anja.arning(at)euronatur.org, Tel. +49 7732 927213
Pippa Gallop, pippa.gallop(at)bankwatch.org, Tel. +385 99 755 9787

 

 

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