BUND und EuroNatur: EU-Agrarreform halbherzig

Obstbäume auf blühender Wiese

Eine ökologisch nachhaltige Landwirtschaft? Die Gesetzesentwürfe der EU-Kommission zur Agrarreform reichen dafür nicht aus.

© Patrick Loertscher

 

Gemeinsame Presseinformation von EuroNatur und dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)

vom 12. Oktober 2011 



Brüssel/Berlin/Radolfzell: Als einen „richtigen, aber viel zu zaghaften Schritt“ haben der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Naturschutzstiftung EuroNatur die heute von EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos veröffentlichten  Gesetzesentwürfe für die europäische Agrarreform ab 2014 bezeichnet. „Die grobe Richtung stimmt, aber die vorgeschlagenen Maßnahmen reichen nicht aus, um die Umweltsituation nachhaltig zu verbessern“, so der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Zwar sei das Prinzip, die Brüsseler Direktzahlungen an Landwirte künftig an Umweltauflagen zu koppeln, richtig. Praktisch müssten selbst große Agrarbetriebe jedoch dem Entwurf zufolge kaum Korrekturen an bisherigen, umweltschädlichen Anbauweisen vornehmen, um weiter Subventionen in voller Höhe zu erhalten. Allein die Vorgabe, künftig wenigstens auf sieben Prozent der landwirtschaftlichen Fläche der Natur Vorrang einzuräumen, werde positive Auswirkungen auf die Artenvielfalt entfalten, so der BUND-Vorsitzende. 

Weiger: „Die Regeln für die Landwirte zur Fruchtfolgegestaltung und beim Grünlandschutz sind inneffektiv und damit inakzeptabel. Auch dass der Anbau von Monokulturen wie beispielsweise von Mais künftig als ‚Umweltleistung‘ gelten soll, ist nicht hinnehmbar. Außerdem gibt es in dem Gesetzespaket kaum Maßnahmen für den Gewässer- und Klimaschutz.“ Ferner leiste die EU-Kommission der Überproduktion Vorschub, indem sie die Mengenregulierung abschaffe und gleichzeitig an Exportsubventionen festhalte, obwohl sie deren Abschaffung längst angekündigt hatte. Damit werde der Industrialisierung der Landwirtschaft fortgeschrieben.

BUND und EuroNatur kritisierten, dass die Bundesregierung mit Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner auch noch die guten Ansätze der Kommission stark verwässern wolle. Wenn Aigner die Deckelung von Subventionen für Großbetriebe blockiere, schwäche sie ein wichtiges Instrument zur gerechteren Verteilung der Agrargelder für landwirtschaftliche Betriebe. „Selbst die Vorschläge der CDU Brandenburg zur Kürzung der Zahlungen an Großbetriebe gehen über das hinaus, was nun aus Brüssel kommen soll“, resümierte Weiger.

EuroNatur hob positiv hervor, dass es mit der Umsetzung der Kommissionsvorschläge für eine einheitliche Flächenprämie in vielen EU-Mitgliedsstaaten endlich zu größeren Umverteilungen der Finanzmittel kommen würde. „Davon werden in unseren Nachbarstaaten vornehmlich die Bauern in Grünlandregionen profitieren“, sagte Lutz Ribbe, naturschutzpolitischer Direktor von EuroNatur. „Wiesen und Weiden werden dort endlich nicht mehr schlechter gestellt als das Ackerland.“

Viele der von der Landwirtschaft verursachten Probleme würden die Kommissionsvorschläge allerdings gar nicht angehen. So seien weder Maßnahmen vorgesehen, um die Entwicklung zu immer größeren und regional konzentrierten Massentierhaltungsanlagen zu stoppen, noch Auflagen für einen verbesserten Tierschutz. Die Gesellschaft akzeptiere aber diese Form der Landwirtschaft nicht mehr. Aigner dürfe sich jetzt nicht noch schützend vor diese Strukturen stellen. Vielmehr müsse sie im EU-Agrarministerrat nun für Verbesserungen eintreten. Dazu gehöre, so Weiger, dass sie sich konsequent für den verpflichtenden Anbau von Proteinpflanzen im Rahmen einer Eiweißstrategie einsetze, die Aigner selbst und ihr bayerischer Amtskollege in Deutschland bereits gefordert hätten.

Die Erwartungen der Verbände lägen auch auf dem Europäischen Parlament, das bei dieser Reform erstmals in agrarpolitischen Fragen mitentscheidet. Ribbe forderte die Abgeordneten auf, dem vorgelegten Entwurf den „dringend notwendigen ökologischen und sozialen Feinschliff“ zu verschaffen. Die bisherigen Signale seien positiv: Erst im Sommer hatte das EU-Parlament eine stringentere Regelung bei der Gestaltung der Fruchtfolgen gefordert.



Für Rückfragen:

  • Lutz Ribbe, EuroNatur, Mobil: 0170-4125767, E-Mail: lutz.ribbe@euronatur.org, www.euronatur.org; 
  • Reinhild Benning, BUND-Agrarexpertin, Tel: 030-275864-81, Mobil: 0175-7263779; E-Mail: reinhild.benning@bund.net bzw.
  • Almut Gaude, BUND-Pressereferentin, Tel: 030-27586-464, E-Mail: presse@bund.net; www.bund.net;
  • Jochen Dettmer, BUND-Sprecher Arbeitskreis Landwirtschaft, Mobil: 0172 / 8126337
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