EuroNatur auf der Grünen Woche in Berlin
Presseinformation vom 11. Januar 2006
Berlin. Anlässlich der Internationalen Grünen Woche 2006 fordern die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), der Bioanbauverband BIOLAND und die Umweltstiftung EURONATUR von der Bundesregierung eine klare Positionierung pro Ländlicher Raum und zu einer nachhaltigen Landwirtschaft. Dazu sei angesichts knapper Finanzmittel im Haushalt der EU und Deutschlands eine Prioritätensetzung zugunsten einer arbeitsplatzfreundlichen, bäuerlichen und ökologischen Landwirtschaft erforderlich. Insbesondere müssten Agrarzahlungen zukünftig stärker für die Honorierung besonderer gesellschaftlicher Leistungen der Landwirtschaft vorgesehen werden. Gegenüber den Steuerzahlern sei ein Höchstmaß an Transparenz gefordert, um auch zukünftig die Bereitschaft und Legitimation für eine Förderung im Agrarbereich zu ermöglichen.
Angesichts gentechnikfreundlicher und biolandbaukritischer Äußerungen von Landwirtschaftsminister Horst Seehofer fordern die Organisationen den Minister auf, sich auf einen sachorientierten Dialog einzulassen.
Die Mehrheit der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland werde auch zukünftig ihre wirtschaftliche Existenz und die entsprechenden Arbeitsplätze nur erhalten können, indem sie sich mit Qualitätsführerschaft wie z.B. dem Biolandbau oder mit Erwerbskombination dem Wettbewerb stellten. Eine Agrarpolitik, die dagegen die Betriebe zu weiteren Rationalisierungsschritten in Richtung billiger reiner Rohstoffproduktion animiere, führe in die falsche Richtung und stehe einer nachhaltigen Landwirtschaft entgegen.
Eine besondere Herausforderung stellten die Beschlüsse des jüngsten EU-Gipfels zum Finanzhaushalt der EU für die nächsten sieben Jahre dar. Sie hätten insbesondere für die Wirtschaftsentwicklung des ländlichen Raums in Deutschland katastrophale Auswirkungen, beklagen die Verbände. Für Deutschland bedeuteten die Beschlüsse eine dramatische Kürzung der Finanzmittel in diesem Bereich gegenüber dem Status quo um ca. 40 %, in den westlichen Bundesländern würden sogar 47 % wegbrechen. Dies gefährde den Bestand erfolgreicher Agrarumweltmaßnahmen wie die Förderung des ökologischen Landbaus.
Die 1. Säule der Agrarpolitik, vornehmlich die allgemeinen Flächenprämien, bleibe dagegen auf fast unverändert hohem Niveau. Diese Direktzahlungen werden bisher ohne jegliche soziale Anbindung und mit nur minimalsten Bedingungen (Einhaltung gesetzlicher Standards) gezahlt, kritisieren die Verbände. In der Folge profitierten besonders die rationalisierten Betriebe, die möglichst billig und mit einem geringsten Arbeitskräftebesatz produzieren. Weil sich die Höhe der Zahlungen in Deutschland zudem noch an der Produktionsmenge der Vergangenheit richteten, käme es zu teilweise absurden Verhältnissen.
Insgesamt würden durch das Anlegen der Axt an der Qualitätsförderung einerseits und durch eine fehlgesteuerte und zu wenig qualifizierte Vergabe der Zahlungen aus dem größten EU-Agrartopf andererseits die ökologischen und bäuerlichen Betriebe benachteiligt, so die Verbände.
Eine zentrale Möglichkeit, der inakzeptablen Schwächung der 2. Säule entgegen zu steuern, biete die Option für Mitgliedstaaten, bis zu 20 % der allgemeinen Direktzahlungen für die Förderung der ländlichen Entwicklung in der 2. Säule umzusteuern. Genau dies fordern AbL, BIOLAND und EURONATUR von der Bundesregierung. Das knappe Geld müsse im Sinne gesellschaftlicher Anforderungen an Lebensmittelerzeugung und Umwelt- und Tierschutz sowie Arbeitsplatzsicherheit effektiv nutzbar gemacht werden.
Während die Unterstützung einer Qualitätsproduktion durch die Finanzbeschlüsse schon wesentlich benachteiligt wird, kündigt Minister Seehofer ausdrücklich an, die Gentechnik in der Landwirtschaft befördern zu wollen. Noch sei unklar, wie er das umsetzen wolle. Aber wenn das sein Ziel sei, würde er Betrieben, die auf eine qualitäts- und kundenorientierte Lebensmittelerzeugung setzen, den Weg in die Zukunft noch zusätzlich verbauen. Nach wie vor gebe es weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene verbindliche Anbauregelungen, die Biobetriebe und traditionelle Landwirtschaft ohne Gentechnik vor Verunreinigungen ihrer Erzeugnisse durch gentechnisch veränderte Organismen schützten.
Sollte das Gentechnikgesetz so geändert werden, dass der Gentechnikeinsatz in der Land- und Lebensmittelwirtschaft aus der Verursacherhaftung genommen wird, drohe das faktische Ende der Wahlfreiheit von Landwirten und Verbrauchern. Mit einer Umkehr der Beweislast vom Verursacher hin zu den Geschädigten seien ausschließlich jene Bauern belastet, die ohne Gentechnik Lebensmittel erzeugen wollen und sich damit nicht zuletzt auch einen Markt sichern wollen.
Die Erzeugung gentechnikfreier Lebensmittel wäre damit mittelfristig nur noch mit einem hohen Kostenaufwand für vorsorgliche Schutzmaßnahmen möglich. Dies würde zu einer unabsehbaren Verteuerung konventionell und ökologisch erzeugter Lebensmittel ohne Gentechnik führen.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen zur Verfügung:
Bioland – Bundesvorsitzender
Thomas Dosch
Kaiserstr. 18
55116 Mainz
Tel: 0178-2189866
E-Mail: bundesvorstand(at)bioland.de
AbL-Bundesvorsitzender
Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf
Bahnhofstrasse 31
59065 Hamm
Tel: 0171-3627711
E-Mail: info(at)abl-ev.de
EURONATUR - Umweltpolitischer Direktor
Lutz Ribbe
Grabenstrasse 23
53359 Rheinbach
Tel.: 01704125767
E-Mail: lutz.ribbe(at)euronatur.org
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