Europaweit werden jährlich über 100 Millionen Vögel legal geschossen
Presseinformation vom 25. Oktober 2007
Radolfzell. Es wird wieder still draußen. Die letzten Zugvögel begeben sich derzeit in ihre warmen Winterquartiere in den Süden Europas und nach Afrika. „Wir sind gespannt, wie viele von ihnen zurückkommen“, gibt Claus-Peter Hutter, Präsident der Stiftung Europäisches Naturerbe (EuroNatur) zu bedenken. Schließlich werde ihre Reise immer riskanter. Denn eine der gravierendsten Gefahren für Zugvögel sind Abschuss und Fallenjagd. Auch auf Malta ist die Situation nach Angaben von EuroNatur immer noch kritisch. Zwar forderte die Europäische Kommission die maltesische Regierung vergangene Woche erneut auf, die Frühlingsjagd auf Zugvögel auch auf nationaler Ebene zu verbieten. Doch damit könne das gesamte Problem nicht gelöst werden, denn die Vogeljagd auf Malta sei nur die Spitze des Eisberges. Allein die offiziellen Abschusszahlen belegen das alarmierende Ausmaß der Zugvogeljagd: Jedes Jahr werden in Europa weit über 100 Millionen Vögel legal geschossen oder gefangen, so die Ergebnisse einer Studie, die in der Fachzeitschrift „Berichte zum Vogelschutz“ veröffentlicht ist . „Ein unhaltbarer Zustand“, kommentiert Claus-Peter Hutter.
Dabei wurden in der Studie lediglich die offiziellen Zahlen (Jagdstrecke) innerhalb der EU berücksichtigt. Die Dunkelziffer in diesen Ländern ist deutlich höher: Todesfälle durch illegale Jagd, aber auch verletzte und nicht wiedergefundene Tiere sind nicht erfasst – letztere können bis zu 20 Prozent der Jagdstrecke ausmachen. Unbeachtet blieben auch indirekte Verluste, die entstehen, wenn aufgeschreckte Vögel nach einer energiezehrenden Flucht nicht mehr genügend Kraftreserven für den Weiterflug haben. Der Bruterfolg von Vögeln nimmt deutlich ab, wenn sie auf ihrem Zugweg zusätzlich durch die mangelnde Gelegenheit zur Rast und Nahrungsaufnahme geschwächt wurden.
Verluste, die in die Hunderttausende gehen, haben Zugvögel in Ländern Südosteuropas zu verzeichnen. Auch diese Zahlen bleiben in der Studie weitgehend unberücksichtigt. Der Balkan etwa, ein wichtiger Brennpunkt für die Vogeljagd, ging nicht in die Statistik ein. EuroNatur setzt sich direkt in den Brennpunktgebieten für den Vogelschutz ein. „Der Balkan ist dabei eines unserer Schwerpunktthemen“, erklärt Claus-Peter Hutter. „Wir müssen die Vögel auf ihrer Zugroute schützen, um langfristig effektiven Artenschutz betreiben zu können.“ Wie wichtig die verstärkte Kontrolle der Jagd auf Zugvögel ist, belegen aktuelle Zahlen von der östlichen Adria. EuroNatur unterstützt die Durchsetzung eines Jagdverbotes für den Skutari-See, der in Montenegro als Nationalpark geschützt ist. Mit messbarem Erfolg: Im Januar 2007 stieg die Zahl der überwinternden Vögel auf über 100.000 Tiere an und war damit mehr als drei Mal so hoch wie im Vorjahr.
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