Polnische Jugend: Wir erben einen sterbenden Planeten...
...aber wir werden nicht tatenlos zusehen, wie ihn Politiker implodieren lassen.
4. Januar 2023
Extreme Wetterbedingungen sind für viele von uns die neue Normalität: längere Regen- oder Dürreperioden, Probleme beim Zugang zu Wasser, enorme Hitze, schmelzende Gletscher und Schneedecken, erhöhte Smogwerte, steigende Meeresspiegel, heftige Waldbrände, ausgetrocknetes und unfruchtbares Ackerland und vieles mehr. Unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und deren übermäßiger Einsatz haben das empfindliche Gleichgewicht der Natur gestört und uns einer vorhersehbaren Zukunft beraubt. Wir haben nur noch sieben Jahre Zeit, um eine globale Katastrophe abzuwenden, die unseren Planeten unbewohnbar machen könnte, aber wir unternehmen kaum etwas, um sie verhindern.
Obwohl es konkrete und praktikable Lösungen gäbe, wie die Umstellung auf erneuerbare Energien durch Sonne, Wind und Erdwärme, bleiben die Regierungen weiterhin untätig und drücken beide Augen zu, um so wenig wie möglich vom Status Quo abzuweichen. Viele EU Politiker treiben umweltfeindliche Gesetze, die klimaschädliche Energien fördern, voran, und weigern sich, den Rat von Experten anzunehmen. Stattdessen liegt das Kalkül weiter auf wirtschaftlichem Nutzen, Rentabilität und darum, bestimmte Kräfte in Schach zu halten. Zeitdruck, Klimaforschung, Verlust der biologischen Vielfalt und eine unvorhersehbare und unsichere Umwelt sind für einige, einschließlich der polnischen Regierung, kein Grund zur Sorge.
Als Jugendliche haben wir unsere Augen für diese Realität geöffnet und begannen unsere Reise mit Aktivismus – der Beginn von Fridays For Future in Polen. Dies ist der Anfang unserer Geschichte und wir fragen uns, wie sie enden wird.
Herbst 2019
Am 20. September 2019 protestierten vier Millionen junge Leute in 1000 Städten, einschließlich 72 Städten in Polen. Die Gründung und Mobilisierung von Dutzenden von Teilen der Bewegung in Polen war etwas, worauf wir stolz sein konnten, und es immer noch sind. Zivilgesellschaft ist in Polen etwas Neues, und die konservative Einstellung der Gesellschaft, insbesondere gegenüber Jugend-Aktivismus, macht es nicht einfacher. Und die Tatsache gemäß des polnischen Sprichwortes “Polen steht auf Kohlen” ist nicht hilfreich. Die Proteste fanden zeitgleich mit dem UN-Klimaaktionsgipfel 2019 am 23. September statt.
Unsere Aktionen ermöglichten ernsthafte Diskussionen mit Politikerinnen und Abgeordneten und wir erschienen in den nationalen Medien, um dort unsere Botschaft und Forderungen zu verbreiten. Unser Aktivismus fing an, sich auf die politische Realität auszuwirken und die primären Aussagen über Klima und Energie veränderten sich. Wir repräsentierten und sprachen im Namen der Jugend unseres Landes, und Politiker, Medien und dergleichen behandelten uns entsprechend. Dadurch fühlten wir uns stark und gewannen Selbstvertrauen.
Im November 2019 besiegelte Fridays For Future Polen das Manifest (unsere internen Ziele und Grundsätze), das Folgendes beinhaltete: keine Hierarchie, die Autonomie lokaler Gruppen und das gemeinsame Ziel, einen systemischen Wandel anzustreben. Zu diesem Zeitpunkt waren wir eine starke Gruppe eng verbündeter Personen, die sich hochkonzentriert auf unsere Ziele für die Zukunft fokussierte. Leider hat die Pandemie unsere Pläne für zukünftige Aktionen gründlich ruiniert, und unser Narrativ und unsere Proteste verpufften mit der Zeit.
2020 und danach
Allmählich wurden die Menschen taub gegenüber unseren Rufen, und die Regierung schaffte es nicht, einen Plan zu erstellen, um in Polen Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Wir konnten und können die anhaltende Katastrophe nicht aufhalten. Es reichte nicht, unsere Stimme zu erheben – viele von uns verloren die Hoffnung und es wurde dunkel um unsere Proteste.
Während der Präsidentschaftswahlen in 2020 starteten Aktivisten von Fridays For Future Polen die Kampagne “Wie steht es ums Klima?” und erschienen mit Plakaten auf den Wahlveranstaltungen. Auf manchen Wahlkundgebungen wurden wir freundlich empfangen, aber auf anderen erlebten wir eine Art Albtraum. In mehreren Städten wurden wir von Leuten gestoßen und angeschrien, die Plakate wurden uns entrissen und wir wurden beschimpft. Ältere Männer bedrohten uns, einer von ihnen zog gewaltsam das Oberteil einer unserer Aktivistinnen hoch und entblößte ihren gesamten nackten Oberkörper in der Öffentlichkeit. Unser Präsident reagierte nicht auf ihr Schreien und wandte sich ab. Doch trotz alldem werden wir uns weiter für unsere Zukunft und die unserer Kinder einsetzen.
Die Zukunft von Fridays for Future Polen
Seit der Gründung von Fridays for Future haben wir viel Zeit in zahlreiche spannende Aktivitäten und Kampagnen investiert. Unsere Aktionen beinhalteten alles: von der Aufklärung von Schülerinnen und Schülern und unseren lauten Rufen nach einer globalen Revolution, bis zu unserem Einsatz für eine gezielte Änderung des europäischen Rechts, das mit und für die Natur arbeitet, um uns bei der Lösung der Klimakrise zu helfen.
Wir glauben nicht nur, sondern WISSEN, dass das, was wir tun, richtig ist, und wir haben nicht die Absicht damit aufzuhören. Obwohl wir uns oft überfordert fühlen und an unserer Kraft zweifeln, glauben wir an Fridays for Future Polen, denn wir haben noch eine Welt zu retten! Wir haben das Recht, unsere Wälder, Flüsse und Ozeane zu erhalten; wir werden nicht aufhören, bis sie geschützt sind und unser Planet beginnt zu heilen. Wir haben unser Leben geändert, um unsere unmittelbare Umgebung zu verbessern, nachhaltig zu leben und so eine lebenswerte Zukunft zu schaffen. Wir fordern Sie und die Europäische Union auf, das Gleiche zu tun.
Autorinnen: Loren Kamrat, Marta Wróblewska, Julia Ziółkowska
Loren Kamrat ist seit 2019 Klimaaktivistin. Sie arbeitet als Grafikdesignerin, ist Kontakt für Medien und politische Entscheidungsträger und hofft, eines Tages in einer nachhaltigen Welt zu leben.
Marta Wróblewska mobilisiert als Aktivistin von FFF Polen seit 2019 die Jugend für den Kampf um das Klima und arbeitet mit Medien, Politikerinnen und Entscheidungsträgern zusammen. Sie tanzt bei Protesten und träumt von der Revolution. Marta ist Studentin der Universität Gdańsk.
Julia Ziółkowska ist Jurastudentin und Klimaaktivistin bei Fridays For Future Polen.
Lesen Sie alle Beiträge unseres "Energy-Blogs"